Helden des Olymp – Der Sohn des Neptun

Helden des Olymp – Der Sohn des Neptun
23. November 2022 0 Von lara

Wiedersehen mit Percy Jackson

Meine zweite November-Rezension 2022

Den zweiten Band der Helden des Olymp aus dem Jahr 2012 konnte ich zügig beenden. Ein Grund dafür: Percy Jackson ist wieder mit dabei. Schon der Titel Der Sohn des Neptun verrät, dass es hier wieder um den Sohn des Meeresgottes geht. In dieser fünfteiligen Reihe von Rick Riordan treffen Griechische und Römische Mythologie aufeinander. Zuletzt veröffentlichte der ehemalige Geschichts- und Englischlehrer dieses Jahr im Mai mit Tochter der Tiefe den ersten Fantasy-Einzelband. Das Buch steht schon auf meiner Wunschliste, aber bevor ich dazu komme es zu lesen, muss ich erst einmal die Helden des Olymp beenden.

Inhalt

Der 16-jährige Halbgott Percy Jackson hat sein Gedächtnis verloren. Zum Glück findet er im Camp Jupiter einen Unterschlupf, doch viele Mitglieder des Camps scheinen ihm gegenüber feindlich gesinnt zu sein. Glücklicherweise findet er in Frank Zhang und Hazel Levesque neue Freunde. Allerdings ist das Camp in Gefahr und Monster können plötzlich nicht mehr sterben. Percy muss sich entscheiden: Soll er der Prätorin Reyna bei der Verteidigung von Camp Jupiter helfen oder seine neu gewonnenen Freunde auf einer alles entscheidenden Rettungsmission begleiten? Dabei gibt es immer wieder einen Namen, der in seinen Gedanken aufblitzt: Annabeth.

Cover

Ich kann nur immer wieder betonen, wie sehr ich die Illustrationen der Bücher von Rick Riordan liebe. Auch dieses Cover finde ich extrem gelungen. Es zeigt einen Engel mit schwarzen Flügeln, der den Betrachter mit glühenden Augen anstarrt. Er trägt einen langen zerlumpten Kapuzenmantel und einen zerfledderten Lendenschurz, der von einem Gürtel gehalten wird. Hände und Füße liegen in Ketten. Er ist sehr muskulös und seine Haut hat einen Goldton. Seine schwarzen Haare fallen ihm vorne über die Schultern. Um ihn herum liegen Knochen am Boden verteilt. Im Hintergrund stehen links und rechts zerstörte griechische Säulen, die mit Eis überzogen sind. Auch Boden und Wände sind gefroren. Der türkisfarbene Grundton gibt dem Cover eine kühle Note. Normalerweise verrate ich gerne, welche Figuren auf dem Cover abgebildet sind, aber da man erst am Ende erfährt, wer der Mann in Ketten ist, verrate ich das ausnahmsweise mal nicht.

Kritik

„Die Damen mit den Schlangenhaaren gingen Percy langsam auf den Geist.“, ist der erste Satz des ersten Kapitels. Ein typischer erster Satz für Riordan. Man steigt mitten in eine Actionszene ein, die merkwürdig erscheint und Fragen aufwirft. Vor allem aber platzt schon in ersten Satz die Bombe: Percy. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, Percy nach über drei Jahren Pause wieder begleiten zu dürfen, obwohl in der Geschichte gerade einmal ein paar Monate vergangen sind. Es fühlt sich an wie einen alten Freund wiederzutreffen. Mit fast 550 Seiten und 52 Kapiteln ist Der Sohn des Neptun etwas kürzer als der Vorgänger. Als personale Erzähler im Präteritum berichten hier neben Percy auch seine neuen Freunde Hazel und Frank.

Eigentlich hätte ich an dieser Stelle gerne erklärt, inwiefern sich Percy seit dem Ende von Die letzte Göttin entwickelt hat, doch da nur wenig Zeit vergangen ist, ist er eigentlich ganz der Alte: ein gebräunter Sonnyboy mit schwarzer Surferfriese und meergrünen Augen. Eine Kleinigkeit hat sich aber doch verändert: Percy hat, genauso wie schon Jason, sein Gedächtnis verloren. Ansonsten ist er weiterhin der mutige, großherzige, loyale und witzige Typ wie zuvor. Er ist der geborene Anführer, geradezu makellos. Seine größte Schwäche ist auch gleichzeitig seine Stärke: die heldenhafte Treue. Percy ist sozusagen die Perfektion in Person, wäre er nicht noch Legastheniker mit ADHS. Und ja, natürlich merkt man, dass Percy der stereotype Good Guy und das geborene Alphatier ist. Da steckt erstaunlich wenig Tiefe drin, aber dennoch mag ich ihn wirklich gerne. Dass ich trotzdem viel Freude an dieser einseitigen Figur habe, mag nostalgische Verklärung sein. Er soll aber in erster Linie eine Identifikationsfigur für die Zielgruppe sein und dafür ist er optimal.

Was ich übrigens auch sehr an dieser Geschichte liebe, ist die Verschmelzung von Griechischer und Römischer Mythologie. So langsam lernt man nun die Olympier kennen, wie sie in Rom genannt und gesehen wurden: Jupiter, Juno, Merkur, Mars oder Venus. Neben all den actiongeladenen Heldengeschichten über Freundschaft und Selbstvertrauen, erlernt man hier auf unterhaltsame Weise Allgemeinwissen, mit dem man bestimmt irgendwann einmal punkten kann. Zwischendurch habe ich mir auch das gekürzte Hörbuch, gelesen von Marius Claren, angehört. Insgesamt ist es auch schön vorgetragen, allerdings überschlagen sich die Ereignisse so sehr, dass es teilweise im Minutentakt Ortswechsel gibt. Durch die gekürzte Fassung wurden auch sehr schöne Stellen weggelassen, die ich oft nachträglich gelesen habe, zum Beispiel als Percy und seine Freunde von einem Inuit mitgenommen werden, der von seinen Gottheiten erzählt.

Die Geschichte ist eine kunterbunte Mischung aus lustigen, spannenden und emotionalen Momenten gepaart mit ein paar Albernheiten und übernatürlich cooler Action. Eben typisch Riordan! Die Ereignisse überschlagen sich, sind jedoch auf langfristige Sicht oft wenig relevant, weshalb bei mir in der zweiten Hälfte, etwa ab Seite 350 eine Durststrecke aufkam. Ich habe etwa ein Woche gebraucht, um mich da wieder heraus zu kämpfen. Das spannende, aber knappe Finale macht dann aber doch wieder Vorfreude auf die Folgebände, denn nach dem Zuklappen des Buches hat man das Gefühl: Jetzt geht es erst richtig los.

Fazit

Rick Riordans backt seine Bücher gefühlt immer mit derselben Backmischung. Man nehme einen Teenager von alleinerziehenden Eltern, gebe ihm göttliche Kräfte, verrühre es mit einer legendenumwobenen Mythologie, übernatürlichen Monsterkämpfen sowie einen apokalyptischen Bedrohung und backe das Ganze mit einer kryptischen Prophezeiung. Zum Schluss noch eine Prise Albernheiten mit Freunden und fertig ist etwas, das immer gut schmeckt, aber nie bahnbrechend ist. Ich hatte wirklich viel Spaß mit Der Sohn des Neptun, sogar noch mehr als mit Der verschwundene Halbgott. Es gibt zwar kleinere Stolpersteine, aber keinen tiefen Sturz, weshalb ich dem zweiten Band der Helden des Olymp aus dem Jahr 2012 vier von fünf Federn geben möchte. Auch wenn ich die Bücher von Riordan sehr mag, merke ich, dass mein Lesegeschmack sich langsam verändert. Gerade weil ich jetzt absolut an der obersten Grenze der Zielgruppe kratze, möchte ich diese Reihe noch beenden, bevor ich mich endgültig herausgewachsen fühle.