Throne of Glass – Herrscherin über Asche und Zorn
Ein episch langes Fantasy-Finale
Meine September-Rezension 2023
Ganze sieben Monate hat es jetzt gedauert, die komplette Reihe Throne of Glass von Sarah J. Maas durchzulesen. Das lag auch daran, dass ich parallel immer wieder andere Bücher gelesen habe. Nun habe ich mit Herrscherin über Asche und Zorn aus dem Jahr 2018 auch das epische Finale der Reihe beendet. Der siebte Band der Reihe ist ein ordentlicher Brocken, für den man sich Zeit nehmen muss. Ich kenne einige Bloggerinnen, die diese Reihe nie gelesen oder beendet haben, weil der Umfang sie so abgeschreckt hat. Und es stimmt: insgesamt hat die Reihe 5.173 Seiten und damit gut 1000 Seiten mehr als Harry Potter. Natürlich kommt dabei die Frage auf, ob sich der Aufwand wirklich lohnt.
Inhalt
Die 20-jährige Aelin Galathynius wird von Königin Maeve in einem Eisensarg gefangen gehalten und täglich aufs Brutalste gefoltert. Mit allen erdenklichen, sadistischen Mitteln versucht Maeve sie zu brechen, um zu erfahren, wo sie die beiden Wyrdschlüssel versteckt hält, die der Königin zu ungeahnter Macht verhelfen. Trotz aller Qualen bleibt Aelin standhaft und hofft darauf, gerettet zu werden. Rowan treibt seine Begleiter Gavriel, Lorcan und Elide währenddessen an, um Aelin schnellstmöglich zu finden. Denn er weiß, dass die Zeit gegen sie arbeitet.
Doch nicht nur Maeve ist eine Bedrohung für Erilea. Auch der Valgkönig Erawan droht, die Welt in Finsternis zu stürzen. Aelins Freunde brauchen jede helfende Hand, und so suchen sie Verbündete in ehemaligen Feinden. Als rechtmäßige Crochan-Königin besucht Manon in Begleitung von Dorian den Hexenstamm, den sie früher zutiefst verachtet hat. Doch der will sie nicht als ihre Königin anerkennen und Manon muss einen Weg finden, das Vertrauen der Hexen zu gewinnen.
Cover
Auf einem weißen Hintergrund züngeln orangefarbene Flammen und Funken. In diesem Feuerwirbel eingehüllt steht Aelin, in schwarzweißer Illustration, mit Blick auf den Betrachter. Sie trägt eine silbrige Rüstung, unter der blauer Stoff zu sehen ist, der nach unten hin in ein mit Gold besticktes Tuch übergeht, das um ihre Beine weht. Ihr langes, offenes Haar weht dynamisch nach links. Mit beiden Händen umfasst sie den Griff ihres Schwertes Goldryn. Der Rubin im Knauf leuchtet. Die Klinge ist himmelwärts gerichtet und verdeckt Aelins rechte Gesichtshälfte. Dieses Cover reiht sich wunderbar in den Rest der Saga ein und unterstreicht, dass Aelin nun so mächtig ist wie nie zuvor.
Kritik
„Er suchte nach ihr, seit man sie ihm geraubt hatte.“, ist der erste Satz des zweigeteilten Prologs. Er ist in diesem Fall Rowan, der nach Aelin sucht, um sie aus Maeves Klauen zu befreien. Die Suche nach Aelin, die sich Ende des fünften Bands für Elide geopfert hat, und in den Eisensarg gestiegen ist, dominiert einige Zeit die Geschichte. Insgesamt gibt es mit gut zehn Protagonisten viele Erzähler, sodass das Buch wirklich Zeit benötigt, um die Stränge einzuführen. Mit fast 1100 Seiten, 121 Kapiteln plus Prolog und Epilog ist Herrscherin über Asche und Zorn ein ordentlicher Brocken, vor allem wenn man bedenkt, dass der erste Band nicht einmal halb so dick war. Dass das potenzielle Leser abschrecken könnte, ist nachvollziehbar.
Ein Protagonist, der direkt in der personalen Erzählform im Präteritum das erste Kapitel einleitet, ist Aedion Ashryver. Er ist ein Halbfae aus Terrasen und Aelins Cousin. Auf die Ähnlichkeit der beiden wird immer wieder verwiesen. Er ist 25 Jahre alt, hat blonde Haare und türkisfarbene Augen mit einem goldenen Ring so wie Aelin. Aedion wird als 1,90 Meter groß, muskulös und gutaussehend beschrieben. Er diente als General in Adarlans Armee unter Dorians Vater, weshalb er manchmal verächtlich als „Adarlans Hure“ bezeichnet wird. Ähnlich wie Aelin ist er stolz, überheblich und dickköpfig, aber auch sehr loyal gegenüber seiner Königin. Als erfahrener General ist er ein geübter Schwertkämpfer und versierter Befehlshaber. Mit dem Schwert von Orynth trägt er eine der sagenumwobensten Klingen Erileas bei sich. Außerdem hat er als Halbfae geschärftere Sinne als Menschen. Er ist in die Gestaltwandlerin Lysandra verliebt, auch wenn er sich zu Beginn des Buches mit ihr zerstritten hat. Grundsätzlich muss ich sagen, dass Aedion mir in der ersten Hälfte mit seiner kindischen, bockigen und streitsüchtigen Art total auf die Nerven gegangen ist. Die Konflikte, die er aufbaut, insbesondere mit Lysandra, wirken künstlich aufgebauscht und haben keine nachvollziehbare Ursache. Man weiß von vorneherein, dass sie nur für das Drama existieren, es aber ohnehin zu einer Versöhnung kommen wird.
Maas‘ Sprache ist eigentlich gut, gelegentlich aber zu repetitiv. Vor allem das Wort „Geste“ wird so überproportional verwendet, dass es schon lächerlich wirkt. Gestiken zu beschreiben liegt Maas nun wirklich nicht. Verschlimmert wird das Ganze dadurch, dass die Sprecherin des Hörbuchs Ann Vielhaben das Wort jedes Mal wie „Gäste“ liest. So stolpert man nochmal richtig schön darüber, und das in ungelogen fast jedem Kapitel. Trotz eines soliden Spannungsbogens zieht Maas mit ihrem theatralischen Schreibstil die Geschichte so manches Mal in die Länge. Denn für das, was in dem Buch alles passiert, sind gut 1100 Seiten zu viel. Zu oft wird sich in ausschweifenden Dialogen oder Monologen verloren. Das wird vor allem im direkten Vergleich mit Harry Potter deutlich: obwohl Harry Potter weniger Seiten hat, erzählt sie doch eine Geschichte von gut sieben Jahren. Throne of Glass schafft mit 1000 Seiten mehr nur etwa dreieinhalb Jahre und bindet dabei auch weniger Figuren ein.
Dennoch merkt man, dass Herrscherin über Asche und Zorn der finale Band der Reihe ist, der noch einmal alles geben will. Epische Schlachten, große Gefühle und fantastische Zweikämpfe folgen Schlag auf Schlag. Man merkt Maas an, dass sie sich lange und ausgiebig Gedanken über den Ausgang der Geschichte gemacht hat und weiß, wie sie die einzelnen Stränge zu einem Ende bringen will. Doch auch wenn der Feind so übermächtig erscheint, klammert sich Maas zu sehr an ihre heißgeliebten Figuren. Der Gegner kann zahlenmäßig noch so überlegen sein, der Kampf noch so aussichtslos: es stirbt (fast) niemand von den Guten. Wenn man bedenkt, wie viele Charaktere bei Harry Potter das Zeitliche gesegnet haben, ist Throne of Glass dagegen ein Witz. Und mit Das Lied von Eis und Feuer will ich gar nicht erst anfangen. Egal, wie erschreckend und furchterregend die Gegner beschrieben werden, wenn er ungefähr eine so gute Trefferquote hat, wie Sturmtruppen bei Star Wars, wirkt es irgendwann nur noch unglaubwürdig und schadet dem Spannungsbogen. Um die Protagonisten scheint ja offensichtlich ein magischer Schutzschild zu liegen, also warum noch um sie bangen?
Außerdem gibt es hier eine Trope, die mir wirklich sauer aufgestoßen ist. Ich nenne sie die Deckel-auf-Topf-Trope. Sie besagt, dass auf jeden Topf (weibliche Hauptfigur) noch ein Deckel (männliche Hauptfigur) muss. Ohne Ausnahme! Für Maas scheint eine Frau, die noch keinen Mann gefunden hat, kein Happy End zu haben. Das wirkt sehr erzwungen, ähnlich wie damals bei der Göttlich-Trilogie. Zu allem Überfluss sind die Männer allesamt homogen: muskelbepackte, gutaussehende Krieger, oft mit magischen Fähigkeiten, bei denen richtig hart der Beschützerinstinkt kickt, wenn sie ihre Angebetete sehen. Die Frauen dagegen sind nicht unbedingt kampferprobt. Elide hat sogar einen verkrüppelten Fuß und humpelt. Ich hätte mir bei den Männern wirklich mehr Diversität gewünscht. Für Maas scheinen aber Posterboys mit verschiedenen Haarfarben divers genug zu sein.
Das Ende ist wirklich emotional, aber teilweise zu theatralisch. Ich hatte auf raffinierte Zweikämpfe gehofft, aber der Fokus liegt hier doch mehr auf dem Innenleben der Figuren. Es gibt zwar tragische Momente, aber insgesamt ist das Finale recht vorhersehbar und es gibt wenig Verluste.Vielleicht war meine Erwartungshaltung an das Ende auch einfach zu hoch. Grundsätzlich wurde die Geschichte rund abgeschlossen. Auch wenn ich mit dem Abschluss nicht ganz zufrieden bin, habe ich aber schon viel schlechtere Enden gelesen. Insgesamt also ein akzeptables Finale, das lesenswert ist.
Fazit
Leider ist Herrscherin über Asche und Zorn nicht der epische Abschluss geworden, den ich mir erhofft hatte. Dafür gibt es mit der Deckel-auf-Topf-Trope, den künstlichen Konflikten, wenigen Verlusten bei einem vermeintlich mächtigen Feind, Posterboys. Überlänge und übermäßiger Theatralik zu viele Kritikpunkte. Auch das Finale ist in Ordnung, obwohl die Erwartungen nicht zu hoch gesteckt werden sollten. Trotz aller Makel habe ich Erilea, seine Länder, Städte und Völker aber ins Herz geschlossen, denn Throne of Glass hat einen ganz eigenen Zauber, den ich in Teilen erlegen bin. Der letzte Band ist insgesamt ein ordentlicher Abschluss, aber mehr als drei Federn kann ich beim besten Willen nicht geben. Die Reihe ist mit ihrer Romantasy eher etwas für junge Frauen, und wer mit ausgefeilter High Fantasy rechnet, wird hier eventuell enttäuscht sein. Auch wenn mich die Reihe nicht immer emotional mitreißen konnte, gefällt mir die Geschichte Aelins, einer jungen Frau, die sich von einer Sklavin zu einer Königin entwickelt. Figuren wie Aelin, Manon und Dorian werden mir lange in Erinnerung bleiben. Dennoch bin ich nach so einer umfangreichen Saga nun auch froh, etwas Neues beginnen zu können.