Origin
Eine Liebe nicht von dieser Welt
Meine zweite April-Rezension 2022
Das Sommersemester hat gerade angefangen und so langsam nimmt mich die Uni zunehmend ein. Im Moment habe ich aber wieder einen Lauf beim Lesen und ich habe in kurzer Zeit „Origin“ von Jennifer L. Armentrout durchgelesen. Scheinbar sind der Autorin die Namen für Mineralien, die mit dem Buchstaben O anfangen, ausgegangen. Der vierte Band der Lux-Reihe ist 2016 auf Deutsch erschienen und setzt die Geschichte um die Protagonistin Katy und ihrer Liebe zum humanoiden Alien Daemon fort. Ich habe „Origin“ direkt nach dem dritten Band gelesen, da dieser mit einem fiesen Cliffhanger endete.
Inhalt
Nachdem die 18-jährige Katy Swartz im Mount Weather gefangen genommen wurde, findet sie sich in der Area 51 wieder, wo sie als Versuchskaninchen dienen soll. Wegen eines durch Mutation exprimierten Gens könnten sie und andere Hybride der Schlüssel zu einem Allheilmittel sein. Doch die Experimente und der Anblick des Verräters Blake macht die Zeit für Katy qualvoll.
Währenddessen sucht der 19-jährige Daemon Black nach einer Möglichkeit Katy zu befreien. Da er nicht weiß, wo sie ist, bittet er den Hybriden Luc um Unterstützung. Doch Daemon weiß nicht, ob er ihm wirklich trauen kann.
Cover
Auch dieses Cover reiht sich wunderbar in den Stil der anderen ein. Der Grundton ist in einem Dunkelblau mit leichtem Stich ins Violette gehalten. Wieder einmal liegen die schimmernden Lichtpunkte atmosphärisch auf dem Bild. Im Vordergrund sind erneut Gräser, deren einzelnen Halme sich im Wind wiegen. Außerdem ist dort die Silhouette einer Frau zu erkennen, die auf einen im Hintergrund stehenden Mann zuläuft, während ihr Mantel weht. Mir gefällt das Cover wieder sehr, auch wenn mein Favorit das Cover von „Obsidian“ bleibt.
Kritik
„Wieder einmal brannte es in mir wie Feuer.“, ist der erste Satz des ersten Kapitels. Nach dem großen Cliffhanger ist es nicht weiter verwunderlich, dass es Katy nicht besonders gut geht. Sie ist bei dem Versuch, Bethany aus Mount Weather zu befreien, selbst gefangen genommen worden.
„Origin“ ist mit fast 450 Seiten und 30 Kapiteln etwas kürzer als der Vorgänger. Dies ist außerdem der erste Band, der keine Bonusgeschichten enthält. Katy erzählt ihre Geschichte wieder aus der Ich-Perspektive im Präteritum. Neu ist dagegen, dass Daemon nun auch Erzähler aus der Ich-Perspektive ist und sich mit Katy unregelmäßig abwechselt. Leider ist dies ein unnötiger Schritt. Daemon ist als männlicher Protagonist klischeehaft, eindimensional und vorhersehbar. Seine Ansichten sind nicht überraschend oder gar gewinnbringend für den Plot. Relativ am Ende einer Buchreihe noch den männlichen Protagonisten als Erzähler hinzuzufügen, hat schon bei „Die Bestimmung“ nicht funktioniert und tut es hier auch nicht. Daemons Erzählstrang ist voll von Wutausbrüchen, Liebesbekundungen und Vorhersehbarkeit. Deshalb empfinde ich ihn nicht als Bereicherung.
Da Daemon nun auch Ich-Erzähler ist, gibt es mit Jacob Weigert nun auch einen neuen Leser des Hörbuchs. Insgesamt ist er eine gute Wahl für Daemon. Wenn er hingegen Frauenstimmen imitiert, überzieht er dies minimal.
Als Katys weibliche Konkurrentin gilt das Lux-Mädchen Ashley Thompson, kurz Ash. Sie hat hellblaue Augen und mittellanges blondes Haar. Außerdem wird sie als Naturschönheit mit einer Topfigur beschrieben. Sie ist modebewusst und trägt gerne hautenge Kleidung mit High Heels. Kurzum, sie ist ein richtiges Püppchen, das extrem arrogant wirkt. Sie ist die Exfreundin von Daemon, was Katy regelmäßig eifersüchtig macht. Es scheint, als wäre Ash nicht über die Trennung von Daemon hinweg, weshalb sie Katy gegenüber abgeneigt ist und ihr fiese Sprüche drückt. Ihre Ablehnung rührt teilweise auch daher, dass Katy ein Mensch ist und Ash sie als Bedrohung für die Lux betrachtet. Auch wenn Ash auf den ersten Blick nicht gerade charmant ist, hat sie doch ihre positiven Seiten. So hat sie sich zum Beispiel in „Opal“ um Katy gekümmert, nachdem diese von Will angeschossen und verletzt wurde. Ash mag keine Sympathieträgerin sein, dennoch hat sie ein gutes Herz und Mitgefühl, auch mit einfachen Menschen.
Durch Katys Gefangennahme wechselt hier erstmalig der Handlungsort von Ketterman zur Area 51, wie man schon ganz zu Beginn erfährt. Die Area 51 existiert tatsächlich und ist ein militärisches Sperrgebiet im Süden des US-amerikanischen Bundesstaats Nevada. Wie in „Origin“ richtig erklärt, sitzt dort ein Teil des Verteidigungsministeriums. Um die Area 51 ranken sich viele Verschwörungstheorien, besonders im Zusammenhang mit außerirdischen Lebensformen. Bis zur offiziellen Bestätigung der CIA im Jahr 2013 war sogar dessen Existenz eine Verschwörungstheorie. Viel wahrscheinlicher, als dass dort an Aliens herum experimentiert wird, ist jedoch, dass die US Air Force dort Experimentalflugzeuge testet, was auch die vermeintlichen Sichtungen von UFOs erklären würde. Nicht nur in „Origin“ findet die Area 51 Erwähnung, sondern auch in vielen Filmen oder Serien, wie beispielsweise „Men in Black“, „Indiana Jones“, „Hulk“, „Männer, die auf Ziegen starren“, „Star Trek“ oder „Futurama“, fast immer im Zusammenhang mit Aliens und UFOs. Generell also das perfekte Setting für eine Alien-Lovestory.
Der Schreibstil ist weiterhin nicht berauschend, was krude Pars pro toto wie „[e]in Muskel im Gesicht des khakifarbenen Baretts zuckte“, oder merkwürdige Vergleiche wie „so wild wie ein wild gewordener Schlagzeuger“ hervorbringt, was ungefähr so stilvoll ist wie „so ungeschickt wie ungeschickte Autorin“. Auch das Tempo ist durch den zweiten Erzähler entschleunigter. Die Atmosphäre ist, besonders durch den Wechsel des Settings, kühler geworden. In den sterilen Räumen, die von Neonlicht grell erleuchtet werden, scheinen Blutflecken die einzigen Farbtupfer zu sein. Das zermürbende Gefühl, dass die Figuren durchleben, wird gut auf die Leserschaft übertragen. Trotzdem bleibt der Schreibstil maximal mittelmäßig. Meistens stört er nicht. Nie sticht er positiv hervor.
Ein Kritikpunkt, den ich schon in „Onyx“ benannt habe, der aber hier wieder vermehrt auftritt, ist die Pseudowissenschaftlichkeit, die mir als Biologie-Studentin schwere Kopfschmerzen bereitet. So erklärt Blake in Kapitel 2: „‚Doch wie bei jeder Spezies reagierte die Evolution entsprechend und schuf einen natürlichen Feind’“. Das ist mindestens schief formuliert, denn die Evolution reagiert gar nicht. Sie ist kein Lebewesen und trifft keine direkten Entscheidungen. Alles basiert auf Mutation und Selektion, also eine Mischung aus Zufall und begünstigenden Umweltfaktoren. Die Evolution als moderne Parallele zu Gott darzustellen, die etwas aktiv erschafft, ist einfach unwissenschaftlicher Blödsinn. In Kapitel 5 erklärt ein Sergeant Katy: „‚DNA-Replikation […] verlangsamt das Wachstum inoperabler Tumore.’“ Das ist absoluter Schwachsinn, denn DNA-Replikation ist die Verdopplung der DNA, wie sie beispielsweise bei der Mitose vorkommt. Sie ist fehleranfällig und kann schlimmstenfalls Krebs verursachen, aber nicht verlangsamen. Nicht einmal für ihre eigenen Romane macht sich Armentrout die Mühe zu recherchieren, um etwas Authentisches auf die Beine zu stellen.
Es gibt einen weiteren Kritikpunkt, den ich allerdings nicht präzise benennen will, um Spoiler zu vermeiden. Nur so viel: es geht um die Liebesbeziehung zwischen Katy und Daemon, oder auch Kaemon, wie ich sie getauft habe. Sie führen eine so problembehaftete Beziehung, die falsche Maßstäbe setzt. Dabei ist ohnehin klar, dass sie letztendlich ein Happy End bekommen werden. Generell sind die Beschreibungen der Liebesszenen abgedroschen, uninspiriert und verkitscht. Kaemon sind kein Traumpaar, sondern klischeehaft, übermäßig romantisiert und belanglos.
Das Ende ist vermutlich das spektakulärste der Reihe bisher. Die Situation spitzt sich dramatisch zu. Es ist actionreich, spannend und es sterben mehr Figuren als je zuvor. Außerdem werden einige Fragen offen gelassen, was ein wenig schade ist, da ich mich dazu entschlossen habe, die Reihe nicht weiter fortzusetzen. Das liegt in erster Linie daran, dass ich den fünften Band „Opposition“ nicht besitze und ich bis zum Schluss gezweifelt habe, ob ich ihn mir noch nachkaufen soll. Dann habe ich das Schicksal entscheiden lassen. Ich bin in die nächste Buchhandlung gegangen und habe gezielt nach „Opposition“ gesucht. Zwar waren andere Werke Armentrouts vorrätig, der Abschluss der Lux-Reihe aber nicht. Ein anderes Buch, das ich gesucht habe, stand dagegen im Regal. Damit waren die Würfel gefallen und ich habe mein Buchgeld in Sarah J. Maas anstatt in Jennifer L. Armentrout investiert. Somit breche ich die Reihe an dieser Stelle ab, zumal ich öfters gelesen habe, dass das Ende enttäuschend wäre.
Fazit
„Origin“ von Jennifer L. Armentrout ist ein Band mit vielen Neuerungen, von denen nicht alle punkten können. Ein maximal mittelmäßiger Schreibstil, ein klischeehafter Bad Boy als Ich-Erzähler, Pseudowissenschaftlichkeit und eine abgedroschene Lovestory hinterlassen einen sehr faden Beigeschmack. Auch wenn ich das Buch recht schnell beendet habe, war dies vor allem möglich, weil es im Allgemeinen eine leicht verdauliche, belanglose und meist vorhersehbare Geschichte ist. Das Ende ist spannend und überraschend heftig, aber das ist nur ein Trostpflaster. Auch im direkten Vergleich mit „Opal“ schneidet der vierte Band aus dem Jahr 2016 schlechter ab. Deswegen gebe ich dem Fantasy-Jugendbuch zwei von fünf Federn. Wahrscheinlich werde ich in Zukunft keine weiteren Werke von Armentrout lesen, dafür konnte sie mich leider nicht ausreichend überzeugen.