Das Reich der sieben Höfe – Frost und Mondlicht

23. Dezember 2025 0 Von lara

Es weihnachtet in Prythian

Meine zweite Dezember-Rezension 2025


Mit „Frost und Mondlicht“ lasse ich die Reihe Das Reich der sieben Höfe hinter mir. Während die Hauptgeschichte in der Trilogie enthalten ist, bietet der vierte Band eher eine Ergänzung als eine wirkliche Fortsetzung. Der fünfte Band wechselt dann die Erzählerin zu Nesta, Feyres Schwester, mit der ich nicht besonders viel anfangen kann. Inzwischen wurde von Sarah J. Maas ein sechster Band angekündigt. Worum es geht oder wer als Erzähler fungiert, ist bisher aber nicht bekannt. Man merkt ab Band 4 einfach, dass die eigentliche Geschichte bereits erzählt ist und dass die Fortsetzungen nur aufgrund des kommerziellen Erfolgs geschrieben wurden. Dennoch finde ich „Frost und Mondlicht“ aus dem Jahr 2019 lesenswert, vor allem im Dezember, denn es weihnachtet in Prythian.

Inhalt

Der Krieg gegen Hybern ist erst einige Wochen her und dessen Spuren sind in Prythian sowohl sichtbar als auch spürbar. Während Feyre alles dafür gibt, den Hof der Nacht wiederaufzubauen, nähert sich zur Wintersonnenwende ihr 21. Geburtstag. Das bevorstehende Fest gibt den Fae eine Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und den jungen Frieden zu feiern. Doch auch die festliche Atmosphäre kann die Schatten der Vergangenheit nicht verdrängen. Nesta hat sich immer noch nicht damit abgefunden, eine High Fae zu sein und leidet zudem unter dem Tod ihres Vaters. Auch die politischen Verhältnisse der Höfe sind größtenteils noch ungeklärt und vermeintliche Verbündete spielen mit dem Nachthof ein falsches Spiel.

Cover

Auch wenn dieses Cover Parallelen zu den ersten drei Bänden aufweist, gibt es doch auch Unterschiede, die sich von den bisherigen abheben. Das Foto von der jungen Frau, die auf dem Cover abgelichtet ist, ist dasselbe wie bei „Dornen und Rosen“, nur dass das Kleid hier anthrazitfarben ist und nicht weinrot. Außerdem ist sie hier in einem Medium Shot, also nur vom Kopf bis zur Hüfte und nicht wie vorher in einer Totalen zu sehen. Hinter ihr steht ein junger Mann in schwarzer Kleidung mit dunkelbraunen Haaren und spitzen Ohren. Er steht in einem sogenannten verlorenen Profil, also mit dem Großteil des Gesichts vom Betrachter weggedreht, sodass man nur noch Wangenknochen, Nase und ein wenig vom Mund und dem rechten Auge sehen kann. Hinter ihnen ist ein blaugrauer, wolkenverhangener und verschneiter Himmel. Neben ihnen sind kahle Äste mit Winterknospen abgebildet sowie fünf einzelne graue Blätter, die zu Boden fallen. Insgesamt finde ich das Cover okay. Es wird deutlich, dass hier Feyre und Rhysand abgebildet sind und der Schnee im Hintergrund untermauert die winterliche Atmosphäre. Zudem wird klar, dass es sich hier mehr um eine Novelle als um eine richtige Fortsetzung handelt. Dennoch ist das Recycling des Fotos von Band 1 auffällig und wirkt etwas lieblos.

Kritik

„Seit einer Stunde wehte der erste Schnee des Winters durch Velaris.“, ist der erste Satz des ersten Kapitels. Es ist aus der Ich-Perspektive von Feyre im Präteritum geschrieben und macht mit Schnee und Winter direkt deutlich, dass „Frost und Mondlicht“ in der kalten Jahreszeit spielt. Außerdem ist es ein kleiner hint auf den Anfang von „Dornen und Rosen“, denn dort werden im ersten Satz auch Schnee und Eis genannt. Doch nicht nur Feyre ist hier Erzählerin, auch Rhysand, Cassian und Morrigan erzählen hier einzelne Kapitel. Am meisten erfährt man jedoch durch Feyre und Rhysand, welche beide in der Ich-Perspektive erzählen, während es bei den anderen die personale Perspektive ist. Mit etwas mehr als 300 Seiten und 28 Kapiteln ist der vierte Band mit Abstand der kürzeste der Reihe. Vielleicht auch deswegen wird dieses Buch in den USA nicht als Band 4, sondern als Band 3.5 vermarktet und der fünfte Band „Silberes Feuer“ als der vierte. Für potenzielle Leser ist es also wichtig zu wissen, dass dieser Band eher ein Kurzroman als eine wirkliche Fortsetzung ist.

Meine ganz persönliche Lieblingsfigur in Das Reich der sieben Höfe ist Lucien Vanserra. Er ist ein High Fae, annähernd 500 Jahre alt und Sohn des Herbsthofes. Erst im dritten Band erfährt Feyre, dass er nicht der leibliche Sohn von Lord Beron ist, sondern von Helion, dem High Lord des Taghofes. Den Namen von Luciens Mutter, der Lady des Herbsthofes, erfährt man als Leser übrigens in keinem der vier Bücher, obwohl sie eigentlich keine unwichtige Figur ist. Lucien ist groß, hat rote Haare und goldene Haut, die er angeblich von Helion geerbt habe, obwohl sie hell genug war, um jahrhundertelang als Berons Sohn durchzugehen. Die linke Seite von Luciens Gesicht ist von einer Narbe durchzogen, die Amarantha ihm einst verpasst hat. Deswegen fehlt ihm auch das linke Auge, das durch ein goldenes, mechanisches Auge ersetzt wurde. Lucien ist klug, geistreich, sarkastisch und sehr loyal. Außerdem hat er eine außergewöhnlich gute Beobachtungsgabe und sieht Dinge, die anderen entgehen. Er arbeitete lange als Abgesandter des Frühlingshofs, doch seit „Sterne und Schwerter“ dient er Rhysand am Nachthof. Lucien ist eine der wenigen Figuren in Maas‘ Universum, der introspektiv agiert und erst nachdenkt, bevor er handelt. Bei der häufig gestellten Frage: Rhysand oder Cassian?, lautet die Antwort also Lucien!

„Frost und Mondlicht“ ist geprägt von einer außerordentlich weihnachtlichen Atmosphäre, denn die von Fae zelebrierte Wintersonnenwende weist starke Parallelen zu Weihnachten auf. Die High Fae schmücken z.B. das Stadthaus mit Tannenzweigen und in Velaris gibt es einen Wintermarkt mit „Glühwein“. Am Feiertag gibt es ein Festmahl und es werden Geschenke gemacht. Bestimmt die Hälfte des Buches besteht aus Spaziergängen durch das verschneite Velaris und dem anschließenden Aufwärmen am prasselnden Kamin mit einem (alkoholischen) Heißgetränk. Falls ihr dieses Buch also lesen wollt, kann ich euch nur empfehlen, es in der Vorweihnachtszeit zu tun. Auch wenn ich kein Fan von Maas‘ Schreibstil mehr werde, steht ihr dieses entschleunigte Tempo ganz gut. Zwar habe ich häufiger die Kritik gelesen, dass es keinen richtigen Plot gibt. Doch ich finde, dass dies auch mehr Tiefe in Worldbuilding und Figuren ermöglicht, die mir in den anderen Bänden sehr gefehlt hat.

Ich hatte die Hoffnung, dass „Frost und Mondlicht“ die Fragen beantwortet, die nach Ende des dritten Bandes noch offen waren: Wird aus Elain und Lucien ein Paar? Wie werden sich die politischen Verhältnisse nach dem Krieg verändern? Wird Mor nun offen zu ihrer Sexualität stehen? Wird die Bryaxis wieder eingefangen und bekommt sie in der Bibliothek die Gesellschaft, die ihr versprochen wurde? Wie geht es Tamlin und wie werden die Höfe nun mit ihm umgehen? Leider werden die meisten dieser Frage nicht beantwortet, sondern höchstens kurz angerissen. Eigentlich wird nur eine Frage wirklich beantwortet, die Antwort auf die anderen bleibt sehr lückenhaft. Auch sprachlich gibt es ein paar kritische Stellen. So ist dem Leser aus den vergangen Bänden Die Weberin bekannt, ein unsterbliches und mächtiges Wesen aus einer anderen Dimension, das in einer Waldhütte mitten in Prythian lebte. Ihr Name ist Stryga und Feyre lernt sie kennen, als Rhysand sie zu ihr schickt, um den Ring seiner Mutter aus ihrer Hütte zu stehlen. Sie wird in den Bücher fast ausschließlich Die Weberin genannt. Nun taucht jedoch auch „Areana, die Weberin“ (S. 304) auf, die eine andere Figur ist und ein Textilgeschäft in Velaris betreibt. Dennoch bezeichnet Feyre sie ständig nur als Die Weberin, was super verwirrend ist, weil dieser Titel ja bereits von einer anderen, ganz gegensätzlichen Figur belegt ist. Wenn Feyre also erzählt: „Ich musst an die Weberin denken“, wird nur durch den Kontext klar, von wem hier die Rede ist.

Besonders nervig in diesem Band ist übrigens Rhysand. Er hat bei mir ordentlich Sympathiepunkte eingebüßt, insbesondere als er an den Frühlingshof reist, um nach Tamlin zu sehen. Ich finde es sehr beachtlich, dass er 536 Jahre alt ist, angeblich der mächtigste High Lord aller sieben Höfe und gleichzeitig die Impulskontrolle eines Kleinkinds hat. Rhysand ist unfassbar reizbar und leicht zu kränken. Jede kleinste Provokation wird mit beleidigter Arroganz quittiert. Statt politischer Klugheit bekommt man vor allem verletzten Stolz serviert. Gerade im vierten Band, der eigentlich Raum für Reflexion, Heilung und Reife bieten könnte, wirkt Rhysand erstaunlich unreif und selbstzentriert. Seine ständige Überlegenheitshaltung lässt kaum Empathie zu, vor allem gegenüber Figuren, die sichtbar zerbrochen sind. Anstatt Größe zu zeigen, nutzt er seine Macht, um alte Rechnungen zu begleichen, und verkauft das dann als moralische Überlegenheit. Für einen Charakter, der als strategisches Genie und emotionaler Anker der Reihe etabliert wurde, ist das schlicht enttäuschend. Ich weiß schon, warum Lucien hier mein Bookboyfriend wäre, denn er sagt es Feyre direkt ins Gesicht: „Dein Seelengefährte hätte wissen sollen, dass man einen Mann, der am Boden ist, nicht weiter tritt.“ (S. 225). Ich hätte mir für diesen Band definitiv mehr Auftritte von ihm gewünscht. Eine Wiedergutmachung für Rhysands Fehlverhalten bleibt bis zuletzt aus.

Fazit

Eines ist klar: „Frost und Mondlicht“ ist kein Must Read, auch nicht unbedingt für Fans von Das Reich der sieben Höfe. Als atmosphärischer Zwischenband mit starkem Fokus auf Stimmung, Alltagsmomenten und weihnachtlicher Gemütlichkeit funktioniert der Roman durchaus, insbesondere für jene, die Velaris und seine wichtigsten Figuren näher kennenlernen wollen. Inhaltlich bleibt er jedoch deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück: Zentrale offene Handlungsstränge werden kaum weitergeführt, politische und emotionale Konsequenzen des Krieges nur oberflächlich angerissen. Trotz gelungener Momente und einer entschleunigten Erzählweise wirkt der Band insgesamt eher wie eine verlängerte Bonus-Episode als wie ein notwendiger Teil der Reihe. Wer hier also mit viel Plot rechnet, wird auf jeden Fall enttäuscht sein. Dennoch fand ich den vierten Band recht atmosphärisch und unterhaltsam. Solltet ihr vorhaben ihn zu lesen, empfehle ich euch dringend, es im Winter zu tun. Wegen seiner Verzichtbarkeit bekommt dieses Romantasy-Buch von mir gerade noch drei von fünf Federn. Von Sarah J. Maas werde ich in Zukunft nichts mehr lesen. Ich habe leider gemerkt, dass mich ihr Schreibstil mit Wiederholungen, inneren Monologen und emotional aufgeladenen sowie überdramatisierten Dialogen mehr ermüdet als begeistert.