Obsidian

Wie Twilight, nur mit Aliens
Meine März-Rezension 2022
An der Lux-Reihe von Jennifer L. Armentrout kam man in den letzten Jahren auf den Buchblogs nicht vorbei. Gefühlt jeder hat sie schon gelesen, und fast alle haben sie geliebt. Abgesehen vom Feuilleton des Spiegels, welcher darüber eher spottete. Aufgrund des Hypes hatte ich eher weniger Lust die Urban Fantasy-Reihe zu lesen. Irgendwann bin ich aber gebraucht günstig an die ersten zwei Bände gekommen, und wollte ihnen zumindest eine Chance geben. Der erste Band „Obsidian“ erschien 2014. Neben der Pentalogie gibt es inzwischen die Oblivion-Reihe mit drei Bänden sowie die Revenge-Trilogie als Spin Off-Reihen. Mir genügt aber vorerst die originale Reihe mit fünf Bänden.
Inhalt
Die 17-jährige Katy Ann Swartz zieht drei Jahre nach dem Tod ihres Vaters gemeinsam mit ihrer Mutter von Florida nach Ketterman in den US-amerikanischen Bundesstaat West Virginia. Sie versucht sich die Zeit mit Lesen und ihrem Buchblog zu vertreiben, doch da anfangs das Internet nicht richtig funktioniert, treibt es sie nach draußen. Dort lernt sie ihre Nachbarn kennen: Die Zwillinge Dee und Daemon Black. Während sie sich mit Dee schnell anfreundet, hat sie mit dem arroganten, aber gutaussehenden Daemon so ihre Probleme. Schnell bemerkt Kat, dass sowohl die Zwillinge rätselhaft sind, als auch die gesamte Kleinstadt. Es verschwinden überdurchschnittlich oft junge Frauen und mysteriöse Männer in schwarzen Anzügen scheinen etwas oder jemanden zu suchen. Plötzlich gerät Katy selbst in Lebensgefahr.
Cover
Einer der Gründe, warum die Lux-Reihe in Deutschland so erfolgreich ist, ist definitiv die zauberhafte Covergestaltung. Zentral in Hintergrund sind die dunklen Silhouetten eines Mannes und einer Frau in Mänteln zu erkennen, die dem Betrachter den Rücken zuwenden. Wahrscheinlich sollen es die Protagonisten Katy und Daemon sein. Sie stehen auf einer Wiese. Im Vordergrund sind lange Grashalme zu sehen, die sich im Wind leicht nach rechts wiegen. Auf ihnen liegt der Fokus: Sie sind so scharf gestellt, dass jedes kleine Detail erkennbar ist. Über dem Cover liegt ein Lichteffekt mit unterschiedlich großen Lichtpunkten, den ich persönlich wunderschön finde. Der Grundton ist in einem gelbgoldenen Ton gehalten. Wie man schon merkt liebe ich diese Cover sehr. Seit Kurzem gibt es allerdings neue Cover, deren Gestaltung ich weniger schön finde. Auch die Schriftart darauf ist mir zu verschnörkelt und zu dominant. Schade, dass der Verlag sich nicht dazu entschieden hat, das ursprüngliche Cover beizubehalten.
Kritik
„Ich blickte auf den Stapel Kartons in meinem neuen Zimmer und wünschte mir, das Internet würde schon funktionieren.“, ist der erste Satz des ersten Kapitels. Das ist ein recht gelungener Einleitungssatz, da er trotz seiner moderaten Länge schon viel verrät. Das Erste wäre, dass das Jugendbuch aus der Ich-Perspektive im Präteritum erzählt wird. Die Ich-Erzählerin ist übrigens die 17-jährige Katy Swartz. Zweitens erfährt man, dass sie gerade einen Umzug hinter sich hat, und sich in ihrem neuen Zimmer noch nicht einmal eingerichtet hat. Drittens verweist das Internet darauf, dass die Geschichte im 21. Jahrhundert spielt, also nahezu zum gleichen Zeitpunkt wie das Erscheinungsdatum des Buches selbst. Mit über 400 Seiten und 30 Kapiteln hat „Obsidian“ eine durchschnittliche Länge für sein Genre. Zusätzlich gehören zwei Bonusgeschichten dazu: „Die erste Begegnung“ und „Spaghetti-Ninja“, die beide aus der Ich-Perspektive von Daemon geschrieben sind.
Katy ist Einzelkind und lebt seit dem Tod ihres Vaters mit ihrer Mutter Kellie zusammen. Katy, manchmal kurz Kat, ist mit etwa 1,60m eine recht kleine Teenagerin mit einer normalen, leicht kurvigen Figur. Ihre Haarfarbe liegt undefinierbar zwischen dunkelblond und hellbraun. Dazu hat sie gräuliche Augen und volle Lippen. Sie ist ein eher schüchternes und zurückhaltendes Mädchen, die dennoch genug Mut hat sich zu wehren oder ihre Meinung zu sagen. Ihre Hobbys sind Gartenarbeit und das Führen eines Buchblogs. Als Buchbloggerin hat mir das natürlich sehr gefallen. Katys Leidenschaft fürs Lesen, die Freude, wenn sie ein Buchpaket erhält oder wenn jemand einen netten Kommentar schreibt, kann ich selbstverständlich sehr leicht nachvollziehen. Möglicherweise hat dies der Reihe auch zu ihrem Erfolg verholfen, denn Buchblogs sind schon seit einigen Jahren für Vielleser ein Mittel der Wahl geworden, um neues Lesefutter zu finden.
Katy als Protagonistin ist ein sehr nahbares, aber auch sehr durchschnittliches Mädchen, das glattgebügelt ist, um möglichst allen zu gefallen. Dass sie sich selbst als unscheinbares Mauerblümchen empfindet, obwohl sie nach ihrer Beschreibung und ihrer Wirkung auf andere offensichtlich eine richtige Schönheit ist, ist definitiv ein ausgelutschtes Klischee. Wo wir gerade bei Klischees sind: Die gibt es in „Obsidian“ ohne Ende. Sei es der gutaussehende, muskulöse, aber arrogante und mysteriöse Bad Boy, in den sich die Protagonistin verliebt oder seine smaragdgrünen Augen, die eine absolut hypnotisierende Wirkung haben: aus der Klischee-Romance-Kiste wird alles hervorgeholt, was altbewährter Kitsch ist. Vor allem im Bereich Romance kann das Jugendbuch also nicht punkten. Auch die Namen der Figuren haben mich teilweise gestört, und das ist bei mir eine klare Ausnahme. Aber Daemon als männlicher Vorname für den Bad Boy oder dessen Nachname Black, der ganz offensichtlich darauf eine Anspielung ist, dass Katys Nachname Swartz, also quasi auch Schwarz ist, ist fast schon albern. Genauso wie die Alliterationen der Geschwister Dee und Daemon oder Ashley, Andrew und Adam, sind mindestens irritierend. Vor allem aber der Lehrer mit dem Namen Mr. Garrison hat mir den Rest gegeben. Denn als der Lehrer Mr. Garrison ist mir schon der Charakter aus South Park bekannt, der dort der rassistische und pervers veranlagte Grundschullehrer mit seiner Handpuppe Mr. Zylinder ist. Selbst wenn man Mr. Garrison googlet, wird einem sofort die Figur aus South Park ausgespuckt. Dieses Bild bin ich während des Lesens nicht mehr losgeworden.
Der Schreibstil ist locker und leicht. Leider fehlt im manchmal die Liebe fürs Detail, die den Szenen noch richtig Leben einhaucht. Im Allgemeinen sind Sprache, Spannung und Tempo aber gelungen. Häufig habe ich den Vergleich zwischen der Lux-Reihe und der Bis(s)-Reihe gehört, beziehungsweise den Vorwurf, dass Armentrout an vielen Stellen abgekupfert haben soll. Diese Kritik ist absolut begründet, so fallen beim Lesen extrem viele Parallelen zwischen beiden auf. Oft werden diese Parallelen auch genau ins Gegenteil gekehrt. Das macht sie aber nicht weniger offensichtlich. Beide Geschichten beginnen damit, dass die Protagonistinnen von einem sonnigen Bundesstaat in einen kälteren ziehen. So zieht Bella von Arizona nach Washington, während Katy von Florida nach West Virginia zieht. Beide sind Einzelkinder und wohnen bei nur einem Elternteil. Hier das typische Beispiel für das eingebaute Gegenteil: Bella zieht zu ihrem Vater, während Katy bei ihrer Mutter ist. Beide lernen in der neuen Stadt einen mysteriösen Jungen kennen, der übernatürlichen Ursprungs zu sein scheint. Diese sind in ihrer physischen Erscheinung wieder exakt gegenteilig: Edward ist blass, hat bernsteinfarbene Augen und seine Haut ist außergewöhnlich kalt. Daemon hat gebräunte Haut, die ungewöhnlich warm ist, und seine Augen sind tiefgrün. Auch im Plot gibt es viele Parallelen: Edward rettet Bella auf dem High School-Gelände das Leben, weil sie fast von einem Auto überfahren wird. Daemon rettet Katy im Wald dagegen vor einem Bären. Man merkt, das Ganze hat System. Armentrout ist diese Masche aber durchaus bewusst, legt sie ihren Figuren doch immer wieder Worte in den Mund, die mehr als offensichtlich auf die Vampir-Saga anspielen. Als Katy Daemon nach seinen übermenschlichen Fähigkeiten befragt, heißt es: „‚Aber was bist du? Ein Vampir?’“, woraufhin Daemon antwortet „‚Du liest zu viel.’“ Als wäre das nicht eindeutig genug, fragt Katy kurz darauf: „‚Glitzerst du etwa?’“. Auch darüber muss man gepflegt hinwegsehen können.
Das Ende zieht den Spannungsbogen noch einmal nach oben. Es ist solide, aber nichts Besonderes. Und es erinnert streckenweise auch an das Finale von „Bis(s) zum Morgengrauen“.
Fazit
„Obsidian“ von Jennifer L. Armentrout hat das Rad definitiv nicht neu erfunden. Es ist quasi wie Twilight, nur mit Aliens. Bei den stereotypen Figuren und dem klischeebeladenen Gesülze muss man manchmal zwei Augen zudrücken. Das Jugendbuch ist richtig trashig. Es hat mich aber dennoch mit seiner Klarheit unterhalten können. Gerade in der Klausurenphase, die ich gerade beendet habe, hat mir diese seichte Lektüre gefallen, denn für vielmehr hatte ich keinen Kopf. Es ist spannend, locker und hat keinerlei Längen. Deswegen gebe ich dem Urban Fantasy-Auftakt aus dem Jahr 2014 drei von fünf Federn. Als Nächstes werde ich den zweiten Band „Onyx“ lesen.
