Die schönsten Buchtitel
Faktastischer Februar 2021
Mit dem Februar steht mir ein stressiger Monat bevor, denn für mich bedeutet er Klausurenphase. Da es zudem der kürzeste Monat des Jahres ist, weiß ich jetzt schon, dass ich nicht allzu viele Bücher lesen werde. Dennoch lasse ich mir die wenigen Stunden, die mir zum Lesen bleiben, nicht verderben. Natürlich gibt es den monatlichen Artikel der Bloggeraktion „Faktastisch durch das Jahr“ von Our Favorite Books wieder. Dieses Mal lautet das Thema „Die schönsten Buchtitel“. Für mich keine leichte Aufgabe, denn ehrlich gesagt habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht, welche Buchtitel ich wirklich schön finde.
Ist mit „schön“ einfach ästhetisch gemeint, oder soll der Titel einen gewissen Tiefgang bieten? Inwiefern ist das bei einem Titel überhaupt möglich? Klar ist: Buchtitel sind so vielfältig wie ihre Inhalte. Es gibt sehr kurze Titel wie „Es“ von Stephen King oder lange Titel wie „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“ von Lauren Oliver. Es gibt kitschige Titel wie „Mondprinzessin“ von Ava Reed oder Titel, die nicht viel über den Inhalt, beziehungsweise das Genre verraten wie „Raum“ von Emma Donoghue. Aber welche Bücher stechen denn heraus? Welche haben in gewisser Weise ein Alleinstellungsmerkmal? Und da kam mir plötzlich eine Idee.
Denn es gibt einen US-amerikanischen Jugendbuch-Autoren, dessen Bücher dafür bekannt sind, dass sie grundsätzlich im Deutschen einen Titel erhalten, der vom Originaltitel abweicht. Man kann gar nicht mehr von einer Übersetzung sprechen, sondern muss dies vielmehr als Neuinterpretation des Titels auffassen. Die für mich vier wichtigsten Bücher dieses Autors werde ich hier kurz vorstellen und die Originaltitel mit den deutschen Titeln vergleichen.
Die Rede ist selbstverständlich von John Green, der sowohl in seiner Heimat, den USA, als auch international eine große Fangemeinde besitzt und für jugendliche Vielleser schlichtweg zu den Autoren gehört, die man gelesen und geliebt haben muss. Sein bekanntestes Werk ist wohl „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ aus dem Jahr 2012, das ich bereits gelesen und rezensiert habe. Der Originaltitel lautet „The Fault in our Stars“, was wörtlich übersetzt soviel bedeutet wie „Die Schuld in unseren Sternen“. In dem Buch geht es um die 16-jährige Hazel Grace Lancaster, die als Einzelkind bei ihren Eltern lebt und an einem Schilddrüsentumor und Lungenmetastasen leidet. In einer Selbsthilfegruppe für krebskranke Kinder und Jugendliche lernt sie dann Augustus Waters, kurz Gus, kennen und lieben. Doch die Aussicht auf ein langes und glückliches gemeinsames Leben miteinander haben die Beiden leider nicht. Vor allem Hazel geht es gesundheitlich zunehmend schlechter. 2014 wurde der Roman auch mit Shailene Woodley und Ansel Elgort in den Hauptrollen verfilmt. John Green selbst hat dort einen Cameoauftritt, der aber leider aus der Kinofassung herausgeschnitten wurde. Warum das Buch „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ heißt, ist klar. Green erklärt es selbst in einem Interview: „Es ging mir beim Schreiben von diesem Buch darum, zu zeigen, dass Leben zufällig ist. Und manchmal macht man alles richtig, und trotzdem geschehen schlimme Dinge. Das war von Anfang an in meiner Geschichte geplant. Das Schicksal ist eben ein mieser Verräter.“, wovon sich die deutsche Übersetzerin inspirieren ließ. „The Fault in Our Stars“ beschreibt dagegen grob dasselbe, nur etwas astrologischer. Hazel sucht die Schuld ihres Schicksals in den Sternen, als sei sie entweder unter den falschen Sternen geboren worden oder als stünden die Sterne schlecht für sie. Das Buch habe ich übrigens, nachdem ich es gelesen hatte, meiner Mutter ausgeliehen und obwohl sie für gewöhnlich keine Jugendbücher liest, hat sie dieses doch sehr berührt.
Ein weiteres bekanntes Werk von Green ist „Margos Spuren“, das 2010 erschien und 2015 ebenfalls verfilmt wurde. Die Hauptrollen übernahmen Cara Delevigne und Nat Wolff, der bei „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ übrigens schon den blinden Jungen Isaac spielte. Der Originaltitel des Jugendbuches lautet „Paper Towns“, übersetzt also „Papierstädte“. In dem Roman geht es um den Jugendlichen Quentin Jacobsen, der sich in seine Nachbarin Margo Roth Spiegelman verliebt. Doch Margo ist kein einfaches Mädchen. Sie verschwindet regelmäßig und hinterlässt dabei kleinere Hinweise, wie man sie finden kann. Das sind die Spuren, denen man folgen muss, daher auch der deutsche Buchtitel. In einer Szene im Buch sitzen Quentin, kurz Q, und Margo gemeinsam auf einem Hochhaus und betrachten von dort aus die Vorstadt, in der sie wohnen. Dabei bezeichnet Margo ihre Siedlung als „Papierstadt“, woher auch der Originaltitel stammt. Damit meint sie, dass es in ihrem Zuhause nichts Interessantes gibt. „Margos Spuren“ habe ich noch nicht gelesen, aber es liegt schon in meinem Bücherschrank.
Ebenfalls auf meinem Stapel ungelesener Bücher von John Green liegt „Eine wie Alaska“, was ich mir letztes Jahr von einem Büchergutschein gekauft habe. Es ist Greens Debütroman und erschien 2007 auf Deutsch. Am 1. Januar 2020 wurde die erste Episode der Serienverfilmung in Deutschland ausgestrahlt. Die Hauptrollen übernahmen Charlie Plummer und Kristine Frøseth. Der Originaltitel lautet „Looking for Alaska“, also „Auf der Suche nach Alaska“ und ist nicht so weit entfernt von der deutschen Version. In dem Buch geht es um den 16-jährigen Miles Hunter, der auf ein Internat wechselt, dort seine Mitschülerin Alaska Young kennenlernt und sich in sie verliebt. Eines Abends betrinken sich die beiden gemeinsam mit einem weiteren Freund, wobei Alaska und Miles sich küssen, obwohl Alaska eigentlich einen Freund hat. Mit der Situation überfordert beschließt Alaska mit dem Auto das Schulgelände zu verlassen, obwohl sie alkoholisiert ist, und verunfallt dabei tödlich. Miles macht sich schwere Vorwürfe, dass er sie in diese Situation gebracht hat und versucht herauszufinden, was in jener Nacht passiert ist. Bei beiden Titeln ergibt sich hier leicht der Zusammenhang zum Inhalt des Jugendbuches.
Als letztes Buch möchte ich Greens aktuellstes Werk vorstellen, was auf Deutsch „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ heißt. Es erschien 2017 und trägt den Originaltitel „Turtles all the way down“, was übersetzt in etwa bedeutet „Schildkröten den ganzen Weg hinab“. Es handelt von der 16-jährigen Schülerin Aza Holmes, die an einer Zwangsstörung leidet und panische Angst davor hat, sich eine Infektionskrankheit zuzuziehen. Als eines Tages der Milliardär Russell Pickett spurlos verschwindet, macht sich Aza mit ihrer besten Freundin Daisy auf die Suche nach ihm, um die ausgesetzte Belohnung von 100.000 US-Dollarn einzustreichen. Doch dafür muss Aza ihre Ängste überwinden. „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ heißt so, weil Aza mit ihren Zwangsstörungen kämpft und versucht ein normales Leben zu führen. Das Jugendbuch steht noch auf meiner Wunschliste, deswegen musste ich länger recherchieren, um herauszufinden, was der Roman mit Schildkröten zu tun hat. Letztendlich kam heraus, dass in der Geschichte ein Vermögen an eine Tuatara, also eine Brückenechse, vererbt wird, die wie die Schildkröten auch zu der biologischen Großgruppe der Amnioten gehört. Wahrscheinlicher ist jedoch der Zusammenhang zum Englischen Sprichwort „Turtles all the way down“, wozu es keine akkurate deutsche Übersetzung gibt. Sinngemäß bedeutet es grob eine zunehmende Rückentwicklung. Angelehnt ist dies an die mythologische Vorstellung an eine Weltschildkröte, die riesig ist und die Erde auf ihrem Rücken trägt. Umso verständlicher, dass ein im Deutschen so nicht übertragbares Sprichwort nicht wörtlich übersetzt wird.
Nun bleibt die Frage, ob John Green von der starken Abänderung seiner Buchtitel weiß und wie er dazu steht. Die Antwort ist: Ja, er weiß davon und kennt auch diese Titel und deren Rückübersetzungen wörtlich. Laut eigener Aussage sei er mit der Übersetzerin der Bücher, Sophie Zeitz, befreundet und schätze die durch die Übersetzung geschehenen Abänderungen sehr. Er geht in einem Interview sogar so weit zu sagen, dass die Übersetzung seine Bücher noch besser machen würden. Doch egal, ob man lieber auf Deutsch oder Englisch liest, John Green ist ein außergewöhnlicher Autor, dessen Bücher sich stets zu lesen lohnen. Mit „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ ist die letzte Veröffentlichung eines Buches von ihm nun fast vier Jahre her. Die größte Lücke zwischen zwei Werken hatte er von 2012 bis 2017 zwischen „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ und „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“. Hoffentlich hört man also spätestens nächstes Jahr etwas über die Pläne einer Neuveröffentlichung.