City of Heavenly Fire
Abschied von den Schattenjägern
Meine Juli-Rezension 2020
Mit „City of Heavenly Fire“ von Cassandra Clare enden die „Chroniken der Unterwelt“ nach insgesamt sechs Bänden. Für mich ist es immer ein komisches Gefühl eine Buchreihe zu beenden, mit der ich mich teilweise monatelang intensiv beschäftigt habe. Ich habe die Verfilmung „City of Bones“ und die ersten Folgen von „Shadowhunters“ gesehen, mich viel im Wiki belesen und ab „City of Glass“ auch die Hörbücher gehört. Diese fiktive Schattenwelt jetzt hinter mir zu lassen, stimmt mich aber tendenziell froh, da meine Kritiken meist eher mittelmäßig ausfielen. Ich freue mich allerdings auf ein spektakuläres Finale und darauf, mich danach literarisch mit etwas anderem als Urban Fantasy befassen zu können. „City of Heavenly Fire“ erschien 2015 auf Deutsch. Clares Schreibfeder stand seitdem allerdings nicht still. Sie hat vor Kurzem die Arbeit an ihrem aktuellsten Roman „Chain of Gold“ beendet, der der Auftakt ihrer neuen Trilogie „Die letzten Stunden“ ist. „Chain of Gold“ wird diesen August in Deutschland veröffentlicht.
Inhalt
Der temporäre Sieg über Clarys Bruder Jonathan Morgenstern hat den Schattenjägern einiges abverlangt. In Jace Herondale schlummert nun das Himmlische Feuer, das seine Tätigkeiten als Schattenjäger und die Liebesbeziehung zu Clary stark einschränken. Doch selbst die Methoden der Stillen Brüder die Flamme aus Jace zu lösen misslingen.
Jonathan hat indessen seine Drohungen wahr gemacht. Mithilfe seiner durch den Höllenkelch erschaffenen Armee aus Erdunkelten hat er mehrere Institute auf der gesamten Welt angegriffen und nahezu keine Überlebenden zurück gelassen. Die Macht, die Jonathan durch die Dämonenfürstin Lilith erlangt hat, scheint ihn unbesiegbar gemacht zu haben. Doch das würde den Untergang der Welt bedeuten.
Cover
Bei diesem Cover gefällt mir der Kontrast zwischen dem dunklen Türkis als Grundton mit dem Goldring in der Mitte. Links und rechts stehen wieder korinthische Säulen, welche sich durch die kleineren Figuren oben und den Kanneluren am Schaft auszeichnen. Die Statuen davor sind exakte Kopien eines Wasserspeiers, der sich an der Notre Dame in Paris befindet. Da hat der Illustrator sich wohl ein bisschen zu sehr inspirieren lassen. Die Skyline New Yorks, die wieder von Fledermäusen umschwärmt wird, wird dieses Mal aus der Perspektive des Hudson Rivers gezeigt. Athen, Paris und New York. Mit dem Cover macht man fast eine ähnlich große Weltreise durch, wie die Figuren in diesem Buch.
Kritik
Wer will schon Kontinuität, wenn es auch unstrukturiert geht? Bestand der Vorgänger noch auch drei Teilen, hat „City of Heavenly Fire“, genau wie der vierte Band auch, zwei. Dafür sind aber wieder Pro- und Epilog vorhanden. Der erste Teil heißt „Das verzehrende Feuer“, der zweite „Jene verkehrte Welt“, wovon der erste der unwesentlich längere ist. Mit fast 900 Seiten und 24 Kapiteln ist der letzte Band der Jugendbuchreihe der mit Abstand dickste Schinken von allen. Außerdem ist es damit das umfangreichste Buch, das ich dieses Jahr bisher gelesen habe. Das Hörbuch ist mit annähernd acht Stunden Länge nur etwa eine viertel Stunde länger als das vorherige, deswegen wurde entsprechend viel gekürzt. Insgesamt sind die Hörbücher von Andrea Sawatzki sehr schön gelesen, allerdings hat sie in diesem Hörbuch eine Eigenart entwickelt, die mich fast wahnsinnig gemacht hat. Sie spricht das Wort „Clan“ nämlich kontinuierlich englisch aus, was völlig dämlich klingt. Anfangs habe ich mich sogar kurz gefragt, was ein Vampirklähn sein soll. Und leider fällt der Begriff „Clan“ sehr oft.
Vor dem Prolog findet sich ein Zitat von John Drydens „Absalom und Architophel“. Dryden lebte im 17. Jahrhundert und war ein einflussreicher englischer Dichter, Literaturkritiker und Dramatiker. Sein Grab liegt in der Westminster Abbey in London und kann noch heute besucht werden. „Am Tag, als Emma Carstairs‘ Eltern ermordet wurden, war strahlend schönes Wetter.“, ist der erste Satz des Prologs, welcher aufgrund seines Kontrastes mit einer ungewöhnlichen Härte besticht. Tatsächlich ist dieser Satz der beste erste Satz der gesamten Saga. Der auktoriale Erzähler stellt hier im Präteritum Emma Carstairs vor, die im Dezember 2007 eine zwölfjährige Schattenjägerin in der Ausbildung am Institut in Los Angeles ist. Was für sie wie ein gewöhnlicher Tag beginnt, endet in einer Katastrophe, weil Jonathan Morgenstern mit seinen Anhänger das Institut angreift und die dortigen Schattenjäger massakriert. Emma ist hier jedoch nicht nur als Nebencharakter wichtig, sondern ist in Clares aktuellster Trilogie „Die dunklen Mächte“ auch die Protagonistin. Namen wie Julian, Helen, Mark, Livia, Drusilla oder Tiberius sollten sich Leser also am besten schon einmal einprägen. Später wird Emma auch Clary und Jace begegnen und somit eine Brücke zwischen beiden Werken schlagen.
Bevor mit diesem Band die Urban Fantasyreihe ein Ende findet, möchte ich noch meinen absoluten Lieblingscharakter vorstellen: Magnus Bane. Er ist der oberste Hexenmeister von Brooklyn und einer der mächtigsten Hexer der Welt. Er ist 1,88m groß und hat schwarze Haare, die meist gegelt oder mit Glitzer verziert sind. Seine teilweise indonesische Herkunft verleiht ihm ein asiatisches Aussehen. Zudem hat er gelbgrüne Katzenaugen mit vertikalen Pupillen, was ihn als Hexer kennzeichnet. Er ist bisexuell und kleidet sich gerne bunt und extravagant. Magnus schminkt sich gerne und trägt enganliegende Kleidung, beispielsweise aus Leder in Kombination mit schrillen Gürtelschnallen und regenbogenfarbenen Netzhemden. Als Hexenwesen ist er unsterblich, weshalb sein wahres Alter und seine Herkunft auch nicht bekannt sind. Dies ist bei seinen Liebesbeziehungen ein Problem, da er viele seine sterblichen Partner überlebt. Auch in „City of Heavenly Fire“ hat er Beziehungsprobleme, die darauf beruhen. Ich selbst habe Magnus bereits in den „Chroniken der Schattenjäger“ kennengelernt und habe mich gefreut, dass er auch hier eine wichtige Rolle spielt.
Handwerklich kann mich Clare leider auch hier nicht überzeugen. Ihr Schreibstil ist wie immer zu mechanisch, zu repetitiv, beinhaltet zu viele Dialoge und sogar zu viele Actionszenen. Das mag zwar im ersten Moment paradox klingen, jedoch stumpft man als Leser einfach ab, wenn ständig Kämpfe ausgetragen werden, bei denen der Gegner erst stark und bedrohlich wirkt, um am Ende mit einer leicht überzogenen Coolness und einem gefühlten Fingerschnippen besiegt wird. Dafür gibt es zu wenig wirklich atmosphärische Elemente und zu wenig Tiefgang in der Gefühlsebene der Charaktere. Zudem täte eine Reduzierung der Quantität dem Ganzen sehr gut, denn es gibt immer wieder ermüdende Längen. Und das, obwohl eigentlich viel passiert. Es wird aber einfach nicht sonderlich gut präsentiert. Außerdem gibt es hier eine Sexszene, die möglicherweise die schlechteste ist, die ich jemals gelesen habe. Um Spoiler zu vermeiden, gehe ich nicht auf die involvierten Charaktere ein, aber es war schlichtweg unfreiwillig peinlich. Es ist zu vage und zu romantisierend, beinhaltet aber gleichzeitig auch irrelevante Details. Um den ganzen noch die Krone aufzusetzen, ist mir hier erstmals auch ein Logikfehler aufgefallen. An einem bestimmten Handlungsort wird am Anfang gesagt, dass es aus ihm kein Entkommen gibt, es sei denn, das gesetzte Ziel wird erreicht. Clary und ihre Gefährten geraten dann später in eine Falle und sie erschafft mithilfe ihrer Stele ein Portal, durch das sie entkommen. Da frage ich mich doch, inwiefern es kein Entkommen gibt, wenn man mit Portalen fast überall hinkommt. Bevor ich hier aber gänzlich den negativen Kritikpunkten verfalle, möchte ich erwähnen, dass der Plot hier besser ist als bei „City of Lost Souls“.
Meine Erwartungshaltung an das Finale war natürlich besonders hoch, da die Reihe damit abschließt. Sie wurde weder richtig erfüllt, noch wurde ich enttäuscht. Es war, raffiniert, überraschend und vor allem emotionsgeladen. In puncto Spannung und Action hätte ich allerdings etwas mehr erwartet. Was mir dagegen sehr gut gefallen hat, ist dass Clare alle Protagonisten aus ihren Buchreihen zusammen gebracht hat, also aus den „Chroniken der Schattenjäger“ und auch der aktuellen Trilogie „Die dunklen Mächte“ und sie ein gemeinsames Ziel verfolgen. Der Epilog war hingegen, wie ich schon beim Vorgänger kritisiert hatte, viel zu lang und entspricht damit nicht einmal der korrekten Definition eines Epilogs.
Fazit
Es ist schwierig meine Meinung zu „City of Heavenly Fire“ kurz und bündig zusammenzufassen. Einerseits zeigt Cassandra Clare mit ihrem Universum der Schattenjäger ein großes Potenzial. Die Schattenwelt ist gut durchdacht und der Plot kann weitestgehend überzeugen. Auch die Charaktere sind allgemein facettenreich, bleiben in ihrer Persönlichkeit aber leider zu oberflächlich. Über mehr Hintergrunddetails, wie beispielsweise die Optik der Runen, anstelle vager Beschreibungen, hätte ich mich ebenfalls gefreut. Es gibt immer wieder nette Ansätze, wie beispielsweise der erste Satz oder überraschende Wendungen. Dafür kann der Schreibstil nicht überzeugen. Es gibt zu viele Längen, eine peinliche Sexszene und einen Logikfehler. Deswegen kann ich dem letzten Band der „Chroniken der Unterwelt“ aus dem Jahr 2015 keine bessere Bewertung als zwei von fünf Federn geben. Man darf aber nicht vergessen, dass dies Clares Debütreihe ist. So haben mir die „Chroniken der Schattenjäger“ zum Beispiel insgesamt etwas besser gefallen, trotz mancher Kritikpunkte. Deshalb wäre ich bereit, der Trilogie um „Lady Midnight“ nächstes Jahr vielleicht eine Chance zu geben. Vorerst freue ich mich aber auf andere Lektüren.