Harry Potter und der Stein der Weisen

Harry Potter und der Stein der Weisen
8. September 2019 3 Von lara

Der Junge, der überlebte

Meine zweite September-Rezension 2019

In meinem ganzen Leben habe ich noch nie „Harry Potter“ gelesen. Für viele unvorstellbar, aber anlässlich meines Blogsspecials möchte ich das nun ändern und die komplette siebenteilige Jugendbuchreihe von Joanne K. Rowling am Stück lesen. „Harry Potter“ ist die erfolgreichste Buchreihe aller Zeiten. Sie wurde weltweit etwa 500 Millionen Mal verkauft, allein in Deutschland über 33 Millionen Exemplare. Außerdem wurde sie in 79 Sprachen übersetzt. Ich habe natürlich mit dem ersten Band „Harry Potter und der Stein der Weisen“ aus dem Jahr 1998 angefangen, allerdings habe ich die illustrierte Schmuckausgabe gelesen, die 2015 in Zusammenarbeit mit Jim Kay entstand.

Inhalt

Der 10-jährige Harry Potter wohnt im Jahr 1991 bei seinem Onkel Vernon und seiner Tante Petunia Dursley in einem Reihenhaus der englischen Stadt Little Whinging. Seine Eltern, so erzählt seine Tante, seien bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als er gerade einmal ein Jahr alt gewesen ist. Harry führt alles andere als ein glückliches Leben, denn sein Onkel, seine Tante und auch sein Cousin Dudley schikanieren ihn, wo sie nur können. So muss er beispielsweise die Kleidung seines dicken Cousins auftragen und sein Zimmer ist eigentlich nur die Abstellkammer unter der Treppe. Kurz vor seinem elften Geburtstag erhält Harry dann einen Brief, doch bevor er ihn lesen kann, reißt Vernon ihn ihm aus den Händen. Daraufhin kommen täglich mehrfach dieselben Briefe und als der Onkel mit der gesamten Familie flüchtet, folgen ihnen diese Briefe wie von Geisterhand. Genau an Harrys elftem Geburtstag, als die Dursleys sich gerade in einer kleinen Hütte auf einer felsigen Insel verschanzen, tritt der Halbriese Rubeus Hagrid die Tür ein und überreicht dem Geburtstagskind seinen Brief persönlich. Denn Harry ist in Wahrheit ein Zauberer und wird nach Hogwarts eingeladen, eine Schule für Hexerei und Zauberei.

Cover

Das von Jim Kay illustrierte Cover ist so wunderschön, dass man sich nicht daran sattsehen kann. Eigentlich ist es nur die rechte Hälfte einer Illustration, die sich vollständig auf der Doppelseite 80 und 81 findet. Zu sehen ist dort die Szene aus Kapitel 6, als Harry an den Bahnsteig 9 ¾ tritt und den Hogwarts Express bestaunt. Er steht unten links, vor ihm ein Gepäckwagen mit einem großen Koffer, einem grünen und einem blauen Päckchen sowie einem Vogelkäfig, in dem seine Schneeeule Hedwig sitzt, die nach ihrem Gefieder zu urteilen allerdings ein Männchen ist. Um ihn herum stehen Koffer, auf einem sitzt eine weiße Katze. Außerdem huschen fünf Menschen durch die Rauchschwaden an ihm vorbei. Über Harry, relativ im Zentrum des Bildes fliegt eine Schleiereule. Auf den Schienen steht der Hogwarts Express, der in Rot und Schwarz gefärbt ist und anders aussieht, als man es von den Filmen kennt. Ganz vorne sitzt die goldene Statue eines Ebers mit Flügeln, der schwarze Schornstein hat die Form eines Drachenkopfes und speit Feuer und Rauch. Selbst wenn das schon viele Beschreibungen sind, ist das Cover damit nur sehr grob umschrieben. Es gibt so viele Details zu entdecken, dass man einfach Stunden allein mit dem Cover verbringen könnte.

Kritik

„Mr und Mrs Dursley im Ligusterweg Nummer 4 waren stolz darauf, ganz und gar normal zu sein, sehr stolz sogar.“, ist der erste Satz des ersten Kapitels mit dem Titel „Ein Junge überlebt“ und ist wohl einer der berühmtesten Anfangssätze aller Zeiten. Selbst ich als ehemalige Nichtleserin der Reihe kannte den Satz schon vorher. Die Geschichte ist im Präteritum und der Perspektive des auktorialen Erzählers verfasst, was mich förmlich begeistert hat, denn ich kann mich nicht entsinnen, wann ich das letzte Mal ein Buch aus dieser Erzählperspektive gelesen habe.
Die illustrierte Ausgabe von „Harry Potter und der Stein der Weisen“ hat fast 250 Seiten und, wie immer, 17 Kapitel. Die Illustrationen gibt es in allen möglichen Farbvarianten und Größen. Manche nehmen eine ganze Doppelseite für sich alleine ein, manche eine Seite oder eine halbe. Andere sind verhältnismäßig klein am Rand und wieder andere Seiten kommen völlig ohne Illustrationen aus, sondern werden nur mit gräulichen Schlieren oder Tintenklecksen dekoriert. Für mich als Erstleserin war es ein ganz besonders schönes Extra, dass ich die Geschichte mit diesen liebevollen Zeichnungen genießen durfte. Meine Lieblingsillustration ist übrigens „Newt Scamanders Trollhandbuch“. Die Darstellung der Charaktere und Orte ist sehr authentisch, so zeigt die erste Illustration beispielsweise den Kaminsims und die links anschließende Wand der Dursleys, die voller Fotos des kleinen fetten Dudleys sind. Dieser ist erstens, immer am Essen und zweitens, immer am Heulen, was sein Wesen schon recht umfassend wiedergibt. Außerdem ist er, genau wie seine Mutter, blond, was der erste Unterschied ist, der mir zwischen Film und Buch aufgefallen ist.
Auch die Darstellung Dumbledores hat mich ein wenig überrascht, denn er ist ebenfalls anders als in den Filmen. Ist er in dort eher reserviert und gebieterisch, trägt zwar Zaubermäntel, diese allerdings in gedeckten Farben, ist er im Buch ziemlich bunt, exzentrisch und verspielt, so endet seine Rede in Hogwarts zum Eröffnungsbankett mit den Worten „Schwachkopf! Schwabbelspeck! Krimskrams! Quick!“, woraufhin Harry Percy Weasley fragt, ob Dumbledore ein wenig verrückt sei, was eine durchaus berechtigte Frage ist. Nichtsdestotrotz gefiel mir der literarische Dumbledore. Ich kann aber verstehen, warum man ihn in den Filmen etwas seriöser dargestellt hat.
Eine Figur, die in den Filmen gänzlich wegfällt, ist Peeves, der Poltergeist. Ich kannte ihn schon aus dem Computerspiel, wo Peeves so nervtötend war, wie es von einem Poltergeist nun einmal erwartet wird. Auch in diesem Band ist er kein angenehmer Zeitgenosse und ich kann erneut nachvollziehen, warum er nicht in die Filme eingebaut wurde, obwohl es tatsächlich eine Szene mit ihm gab, die es allerdings nie in die Kinos geschafft hat.
Rowlings Schreibstil hat mich völlig verzaubert. Sie schafft es, eine magische, bedeutungsschwangere Atmosphäre zu schaffen, sodass man jedes Detail förmlich aufsaugen will. Auch die Beschreibung der Charaktere ist liebevoll karikiert, sodass man glaubt, ein bisschen die Menschen in seiner näheren Umgebung wiedererkennen zu können, beispielsweise neugierige Spießernachbarn. In Kombination mit den Illustrationen konnte ich das Buch kaum beiseite legen und obwohl ich mir Zeit lassen wollte, konnte ich selten aufhören, weil ich das Gefühl hatte, endlich meinen persönlichen Brief bekommen zu haben und nun mein erstes Schuljahr in Hogwarts erleben zu dürfen. Über das Ende muss ich ja nicht mehr viele Worte verlieren, nur so viel: Es geht um Heldenmut, wahre Freundschaft und Liebe. Und auch, wenn das Ende allgemein bekannt sein sollte, war es beim ersten Erleben doch ein heftiger Plottwist, auch wenn man das schon fast vergessen hat. Besonders berührt haben mich die wenigen Dialoge zwischen Harry und Dumbledore, weshalb ich auch die ein oder andere Träne verdrücken musste.

Fazit

Wenn ich gewusst hätte, wie sehr mich „Harry Potter und der Stein der Weisen“ begeistern würde, hätte ich schon viel früher mit der Buchreihe von Joanne K. Rowling begonnen. Ich habe mein Tempo extra ein wenig gebremst, um die Geschichte mit ihren liebevollen Details und den bunten Illustrationen auf mich wirken zu lassen, ich war aber trotzdem schon nach vier Tagen fertig und unwiderruflich verliebt. Jedes Kapitel ist voll von Leben und Magie, es gab keine Längen und ich habe wirklich jede einzelne Seite genossen. Diese Schmuckausgabe ist ein absolutes Highlight, deshalb muss ich hier einfach alle fünf Federn vergeben. Glücklicherweise habe ich mir schon die illustrierte Ausgabe der Fortsetzung „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ zugelegt, weshalb ich damit so schnell wie möglich weitermachen werde.