Blogtour: Friedhof der Kuscheltiere

Blogtour: Friedhof der Kuscheltiere
8. April 2019 10 Von lara

Der Mythos indianischer Bestattungen

Seit letzter Woche läuft die Neuverfilmung von Stephen Kings Horrorroman „Friedhof der Kuscheltiere“ aus dem Jahr 1983 in den deutschen Kinos. Darin geht es um Louis Creed, einem Familienvater, der einen neuen Arbeitsplatz an der University of Maine erhalten hat. Deshalb zieht er, zusammen mit seiner Frau Rachel, seiner Tochter Ellie und seinem Sohn Gage in den Ort Ludlow. Als unglücklicherweise die Katze der Creeds überfahren wird, kommt Louis der Gedanke, sie auf dem „Friedhof der Kuscheltiere“ zu beerdigen, von dem er vor Kurzem gehört hat. Am Morgen nach der Bestattung auf dem Indianerfriedhof ist die Katze tatsächlich wieder lebendig, doch sie legt ein äußerst beunruhigendes Verhalten an den Tag.

Heute ist der fünfte Tag der Blogtour zu „Friedhof der Kuscheltiere“ und damit bin ich an der Reihe euch mein Thema vorzustellen. Solltet ihr in den nächsten Wochen ins Kino gehen und euch den Horrorfilm mit euren Freunden anschauen, wird euch dieser Artikel helfen, mit ein wenig Hintergrundwissen punkten zu können.
Im Buch, sowie im Film wird die Katze namens Winston Churchill von Louis Creed auf einem Indianerfriedhof bestattet. Da Church wiederaufersteht, ist klar, dass dies kein gewöhnlicher Friedhof ist. Doch wieso hat sich Stephen King speziell für einen Indianerfriedhof entschieden? Sicherlich wirkt solch eine Grabstätte deutlich mystischer und geheimnisvoller und ist rein atmosphärisch bereits eine großartige Wahl. Aber warum ausgerechnet Indianer? Wie haben amerikanische Ureinwohner ihre Toten zur letzten Ruhe gebettet? Was ist die Wahrheit über den Mythos indianischer Bestattungen?


Als Indianer werden in Deutschland die indigenen Völker Amerikas bezeichnet. Allein in Nordamerika sollen vor dem 16. Jahrhundert, sehr grob geschätzt, fünf Millionen Indianer gelebt haben. Mit Christoph Columbus‘ erster Reise nach Amerika im Jahr 1492 begann das koloniale Zeitalter. Zwischen 1620-1770 immigrierten über 2 Millionen Europäer, was ein enormer Einschnitt in die indianische Kultur bedeutete. Einerseits wurde die Zahl der Ureinwohner drastisch minimiert, beispielsweise durch Krieg, Versklavung und vor allem eingeschleppte Krankheiten. Andererseits verloren die Indianer auch aufgrund von christlicher Missionierung, Unterdrückung und Zwangsumsiedelung viel Kulturgut. Heutzutage gehören die Indianer zu einer dezimierten Bevölkerungsgruppe, von denen 562 Stämme in den USA anerkannt werden. Dementsprechend ist die Kultur extrem vielfältig, aber auch nur bruchstückhaft überliefert, was ihr gleichzeitig etwas Fremdartiges und Mystisches verleiht, was sich wiederum ideal in einen Horrorroman einbauen lässt.

Es gibt zahllose indianische Sprachen, die allein in 16 Hauptgruppen unterteilt werden. Mindestens so facettenreich wie die Sprachen sind auch die Religionen. Neben Poly- und Monotheismus ist insbesondere der Animismus verbreitet. Es ist der Glaube daran, dass eine göttliche Seele allen Objekten der Natur innewohnt. Diese Religion bedeutet gleichzeitig starke Naturverbundenheit, weshalb der „Friedhof der Kuscheltiere“ auch ein vom Menschen möglichst unberührter Schauplatz ist. Wie in fast jeder Gesellschaft sind auch bei den Indianern Kultur, Religion und Rituale eng miteinander verbunden, was sich auch in der Kunst widerspiegelt. Die amerikanischen Ureinwohner haben getöpfert, gemalt, geschnitzt und Schmuck hergestellt. In den indianischen Hochkulturen fanden sich zudem häufiger auch Theokratien, in denen Medizinmänner ausgebildet wurden. Viele glaubten an eine Gottheit als Schöpfer der Welt, die aber keinen direkten Einfluss auf die Menschheit hat. Außerdem glaubten sie, vor allem im nord- und südöstlichen Waldland der USA, wo „Friedhof der Kuscheltiere“ auch spielt, an ein Leben nach dem Tod. Die Medizinmänner hielten nicht nur Fruchtbarkeitsfeste, sondern auch aufwendige Begräbnisriten ab, die sowohl dem Schutz der Lebenden, als auch dem Gedenken der Toten dienen sollten.

Die indigenen Völker Amerikas hatten, je nach Stamm, verschiedene Methoden eine Bestattung durchzuführen. Manche begruben die Toten entweder sitzend oder liegend unter der Erde, ähnlich wie es nach wie vor in Europa gängig ist. Bei Stämmen, die im heutigen Bundesstaat New Mexico lebten, konnte auch die Zweitbestattung nachgewiesen werden. Dabei wird der Verstorbene nach einiger Zeit wieder aus seinem Grab exhumiert und vom verwesenden Fleisch befreit. Danach wurden nur die Gebeine entweder wieder vergraben oder in ein extra dafür vorgesehenes Gebeinhaus gelegt. Nur in vereinzelten Stämmen wurden Feuerbestattungen durchgeführt. Ein anderes Vorgehen, das primär im südöstlichen Waldland stattgefunden hat, war die Oberflächenbestattung in hohle Bäume. Das Loch im Baum wurde mit Rinde, Steinen und Erde verschlossen. Anschließend tanzten sie um den Baum herum, um böse Geister zu verjagen. Die Hinterbliebenen malten sich ihr Gesicht schwarz an und wurden während ihrer Trauerzeit aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Dazu kamen strenge Verhaltensregeln, wie zum Beispiel Vorschriften bei den Speisen. Als Zeichen für Trauer zählte zudem die Selbstverletzung, wobei Hautschnitte vorgenommen, die Haare abrasiert oder sogar die Fingerkuppen abgetrennt wurden. Die Wiedereingliederung erforderte verschiedene Reinigungsriten. Manchmal trafen sich die Hinterbliebenen genau vier Tage nach der Beerdigung, um gemeinsam eine Pfeife zu rauchen.
Aber die wahrscheinlich verbreitetste Methode, die sich auch bei „Friedhof der Kuscheltiere“ findet, ist die sogenannte Hochbestattung. Viele Stämme waren der Ansicht, dass die Toten möglichst nah am Himmel liegen sollten, damit sich die Götter leichter ihrer Seelen annehmen können. Deswegen wurde für die Verstorbenen Hochplateaus auf Flächen oder Kanus gebaut. Alternativ wurden die Leichen mithilfe eines Seils in die Krone eines Baums gezogen. Vorher wurden sie in Leder eingewickelt, um sie vor Aasfressern zu schützen.


Welche Bestattungsmethode ein Indianerstamm letztendlich wählte, ist sehr stark abhängig von ihrem Verständnis von Tod und Jenseits. Wie bereits anhand der vorherigen Beispiele deutlich wurde, lässt sich auch dies nicht einheitlich beantworten. In manchen Erzählungen heißt es, dass die Menschen früher unsterblich gewesen seien, bis ein Einzelner etwas Böses getan und zur Strafe den Tod in die Welt kam. In anderen Sagen heißt es dagegen, dass eine Baumfrau die Sterblichkeit zum Schicksal der Menschen gemacht hat. Dazu passt das indianische Zitat: „Menschen sind wie Bäume. Einige leben lang, andere sterben jung. So kommt der Tod zu den Menschen jeden Alters, wie bei den Bäumen, und niemand lebt sehr lange.“
Der Glaube an ein Jenseits und ein Leben nach dem Tod war zwar weit verbreitet, aber nicht in allen Stämmen zu finden. Viele glaubten daran, dass der Tote das Jenseits nur mit einer gefährlichen Reise erreichen konnte, weshalb er oft Grabbeigaben wie persönliche Gegenstände oder Schmuck erhielt. Manchmal wurde auch das eigene Haus verbrannt, um die Verbindung zum Diesseits zu lösen. Für die Irokesen lag das Jenseits beispielsweise im Himmel, für die Hopi dagegen unter der Erde. Dementsprechend führten sie jeweils Hoch- und Erdbestattungen durch. Es gab allerdings Verstorbene, die das Jenseits nicht erreichen konnten, da sie einen „schlimmen Tod“ gestorben waren, wie zum Beispiel bei der Entbindung verstorbene Frauen, Selbstmörder, vom Blitz Erschlagene, Ertrunkene oder jene, die nicht ordentlich bestattet wurden. Die meisten Stämme stellten sich das Jenseits als einen glücklichen Ort vor, an dem es keinen Hunger, keine Kriege und keine Katastrophen gab. Auch der Glaube an die Reinkarnation tauchte sehr häufig auf. Riten für Wiederauferstehung, wie bei „Friedhof der Kuscheltiere“ zu sehen, gab es dagegen nicht.