Die Königin der Drachen

Die Königin der Drachen
29. Juli 2018 0 Von lara

Feuer und Blut

Meine Mai-Rezension 2018

 

Immer wieder erwähne ich, dass George R. R. Martins Saga „Das Lied von Eis und Feuer“ zum Subgenre High-Fantasy gehört, auch wenn es anfangs noch gar nicht den Eindruck macht. Vom großen Genre Fantasy kann man literarische Werke in weitere Unterkategorien aufteilen, zum Beispiel in Urban-, Science-, Dark-, Low-, Mid- oder eben High-Fantasy. Typisch für letzteres ist eine fiktive Welt, die soziologisch meist mit dem europäischen Mittelalter vergleichbar ist. Flora und Fauna sind der realen Welt oft extrem ähnlich, wobei erfundene Pflanzen und Tiere gerne mit eingesponnen werden. Manchmal finden sich außerdem fiktive Sprachen wie beispielsweise Elbisch oder in diesem Fall Valyrisch. Am wichtigsten jedoch sind Magie und fremde Völker. Zwerge, Orks oder Elben sind hier nur die bekanntesten Vertreter. Natürlich darf ich das Symbol für High-Fantasy generell nicht vergessen: Drachen. Somit verrät der Titel des Bandes „Die Königin der Drachen“ schon seine Genre-Zugehörigkeit. Dieser erschien 2002 erstmals auf Deutsch und ist der sechste von bisher zehn Teilen.

Inhalt

Robb Stark hat Jeyne Westerling geheiratet. Damit bricht er sein Versprechen an Lord Walder Frey, eine seiner Töchter zu ehelichen. Um sich zu entschuldigen und die Hochzeit von Robbs Onkel Edmure Tully und Roslin Frey zu feiern, begibt sich Robb mit ihm, seiner Mutter Catelyn und seiner Gefolgschaft zu den sogenannten Zwillingen am Fluss Trident. Denn dies ist die einzige Chance auf eine Wiedergutmachung mit Walder Frey und ohne diese kann er seinen Feldzug nach Norden, um Winterfell zurückzuerobern, nicht bewerkstelligen.
Nach der Befreiung von Astapors Sklaven, besitzt Daenerys Targaryen nun nicht nur drei Drachen, sondern auch eine Armee von über 8000 sogenannter „Unbefleckten“. Da ihr die Sklaverei in Essos missfällt, macht sie sich zur Stadt Yunkai auf, um auch dort die versklavten Menschen zu befreien und möglicherweise sogar noch mehr Anhänger zu gewinnen. Mithilfe ihrer Gefolgschaft ist dies eine leichte Aufgabe, jedoch befürchtet sie große Verluste auf ihrer eigenen Seite und sucht nach einem Weg ohne viel Blutvergießen.

Cover

Dieses Mal mache ich es kurz und knapp. Auf dem dunkelbraunen Schild ist ein dreiköpfiger Drache mit schmalem Korpus zu erkennen. Zwei Krallen zeigen nach links, ein Flügel nach rechts. Aus den geöffneten Mäulern schießen drei pfeilartige Zungen und auch der Schwanz ist mit einer Spitze versehen. Die beiden Drachen, die immer links und rechts den Schild flankieren, kommen dieses Mal besonders gut zur Geltung. In derselben Farbe des Schildes ist auch der breite Helm, der darüber positioniert ist. Er hat ein nach unten spitz zulaufendes Visier, das auf jeder Gesichtshälfte jeweils drei Querschlitzen hat. Die kleine Spitze auf dem Haupt ist nach vorne gekrümmt. Auf dem Banner zwischen Schild und Helm steht „Feuer und Blut“, der Wahlspruch des Hauses Targaryen. Mit dem Titel „Die Königin der Drachen“ ist natürlich Daenerys Targaryen gemeint, eine der wichtigsten Protagonisten der Reihe.

Kritik

„Der Mann auf dem Dach starb als Erster.“, ist der erste Satz des ersten Kapitels und verspricht einen rasanten Einstieg in die Geschichte, was auch nicht weiter verwunderlich ist, da dieses Buch der zweiten Hälfte eines Originalbandes entspricht. Tempus, Erzählperspektive und Protagonisten sind noch immer dieselben. Im ersten Kapitel erlebt Arya Stark den Kampf zwischen den sogenannten „Geächteten“ und einem Teil der selbsternannten Tapferen Kameraden. Im nächsten Kapitel wird sie erzählerisch von ihrem Bruder Bran abgelöst. Mit fast 800 Seiten ist „Die Königin der Drachen“ der bisher dickste Band der Reihe.
Seit dem fünften Band gibt es einen neuen Protagonisten, der im Vergleich zu anderen aber nur wenige Kapitel erzählt. Es ist Samwell Tarly, kurz Sam, ein Bruder der Nachtwache und guter Freund von Jon Schnee. Sam berichtet von den Ereignissen der überlebenden Grenzer unter Jeor Mormont nördlich der Mauer. Er ist der älteste Sohn von Randyll Tarly, dem Lord von Hornberg. Da er für seinen Vater aber eine herbe Enttäuschung ist und seinen Vorstellungen nicht entspricht, wurde Sam vom ihm gezwungen sich der Nachtwache anzuschließen. Er ist sehr ängstlich, tollpatschig und stark übergewichtig. Mit über 120 Kilogramm ist er der fetteste Mann, den Jon je gesehen hat. Das führt dazu, dass er bei seiner Ankunft an der Mauer unmittelbar zum Opfer gemeiner Scherze, Sticheleien und sogar Schläge wird. Erst als Jon sich mit zwei Freunden für ihn einsetzt, lassen die Schikanen nach. Sam selbst bezeichnet sich immer wieder als Feigling, beweist aber in den richtigen Momenten mehr Mut als die Meisten, auch wenn er dabei zittert, zum Beispiel als er mit dem Dolch aus Drachenglas den Weißen Wanderer tötet. Er liebt es zu lesen und verbringt viel Zeit in der Bibliothek, sodass er sehr gebildet ist, vor allem, da das gemeine Volk von Westeros nicht einmal lesen kann. Damit kann er sich den Posten des Kämmerers von Maester Aemon Targaryen sichern. Sam ist aufgrund seiner ängstlichen Art nicht mein Lieblingscharakter, hat allerdings liebenswerte Züge.
Die Gewalt und Brutalität in den Büchern ähneln der in der Serie sehr. Blutige Kämpfe, Vergewaltigungen und Folter sind in dieser Welt an der Tagesordnung. Jedoch gibt es zwischen beiden Formaten feine Unterschiede. So sind in der Serie blutige Bilder vor allem in den Schlachten zu sehen. Es werden Bäuche aufgeschlitzt, woraufhin die Gedärme zum Vorschein kommen, Menschen ersticken am eigenen Blut oder verlieren Gliedmaßen. Vergewaltigungen sind nur in Ausnahmefällen zu sehen und die Foltermethoden sind stark an denen des Mittelalters orientiert, wie Ratten in einen Eimer zu setzen, diesen auf einem Bauch festzubinden und darunter eine Fackel zu halten, damit die Ratten sich durch den Körper fressen wollen. In „Das Lied von Eis und Feuer“ sind die Foltermethoden ungewöhnlicher, fast schon kreativer, aber keineswegs harmloser. Auch vor Kindern macht Martin nicht Halt, während sie in der Serie seltener und falls doch schnell getötet werden. Trotzdem finde ich in beiden Fällen die Darstellungen extrem gut umgesetzt. Zwar ist diese Geschichte brutaler als jede Fantasystory, die ich je gelesen habe, sie gibt die mittelalterliche Welt aber gerade deswegen so authentisch wieder und nicht so märchenhaft, wie ich es von anderen Fantasy-Epen kenne. Die Serie zu schauen oder die brutalen Passagen zu lesen, machen mir zwar wenig Spaß, rufen allerdings enorme Emotionen in mir hervor, wie es bei einer guten Geschichte nun mal sein sollte. Egal, ob die Gänsehaut durch blutrünstige Szenen oder Martins neutralem, leicht distanziertem aber doch detailliertem Schreibstil erfolgt.
In „Die Königin der Drachen“ passiert wirklich eine Menge. Es gibt mehrere Plottwists, Intrigen werden gesponnen und viel Blut wird vergossen, was bis zum Ende nicht nachlässt. Auch wenn es der dritte Originalband ist, ist er inhaltlich eher mit der vierten Staffel von „Game of Thrones“ zu vergleichen. Übrigens erzählen die letzten beiden Kapitel von Jon und Sansa, abschließend folgt der Epilog. Der nächste Band ist bereits der siebte und heißt „Zeit der Krähen“.

Fazit

Bei einem kontinuierlich hochwertigem Werk wie „Das Lied von Eis und Feuer“, fällt es mir schwer einen Favoriten zu finden. „Die Königin der Drachen“ hat zwar inhaltlich noch mehr zu bieten als sein direkter Vorgänger, lässt mich aber auch die Länge nicht vergessen, die bisher unübertroffen ist. Deswegen hält sich zwischen den beiden insgesamt die Waage. Aus diesem Grund gebe ich dem sechsten Band vier von fünf Federn. Außerdem werde ich mich als nächstes der Fortsetzung widmen.