Die Saat des goldenen Löwen

Die Saat des goldenen Löwen
18. Juli 2018 0 Von lara

Familie, Pflicht, Ehre

Meine März-Rezension 2018

 

„Die Saat des goldenen Löwen“ ist der vierte Band der Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“ von George R. R. Martin. Wie bereits zuvor erwähnt, sind auf Deutsch bisher zehn Bände erschienen, vier weitere sind geplant und sollen die Reihe abschließen. Ursprünglich erschienen die Bücher auf Englisch. Wer die Originalfassung kennt oder mal in Großbritannien in einer Buchhandlung gestöbert hat, weiß dass es nur fünf Bände auf Englisch gibt. Wie kann es also sein, dass es schon zehn auf Deutsch sind? Ganz einfach: Aus einem englischen Originalband sind jeweils zwei deutsche Taschenbücher entstanden. Das ist auch durchaus verständlich, da eine deutsche Ausgabe bereits zwischen 500-800 Seiten hat. Wem das nicht gefällt und sich lieber, wie im Original, fünf Bände wünscht, die auf Deutsch erhältlich sind, kann sich die deutschen Sonderausgaben besorgen. Diese sind als Hardcover erschienen, der erste Band heißt „Der Winter naht“, allerdings gibt es preislich keinen nennenswerten Unterschied zu den Taschenbüchern und sie sind zudem sehr dick und groß. Das heißt im Regal machen sie sich gut, als Lektüre für unterwegs sind sie aufgrund ihres Gewichts jedoch eher weniger geeignet. Diesen Monat habe ich „Die Saat des goldenen Löwen“ gelesen, was ungefähr der zweiten Hälfte des zweiten Originalbands entspricht, welcher im Jahr 2000 erstmals auf Deutsch erschienen ist.

Inhalt

Neben Robb Stark erheben nun auch die beiden Brüder des verstorbenen Königs Robert Baratheon Anspruch auf den Eisernen Thron in Westeros‘ Hauptstadt Königsmund. Um ein Bündnis auszuhandeln, entsendet Robb seine Mutter Catelyn zu Renly Baratheons Lager, dessen militärische Macht alle anderen übersteigt. Diese Verhandlungen schlagen jedoch fehl und am Abend vor der Schlacht gegen Stannis Baratheon, Renlys ältestem Bruder, der rechtlich betrachtet vor ihm ein Anrecht auf den Thron hat, ereignet sich eine unvorhergesehene Katastrophe.
In der Handelsstadt Qarth angekommen, wird Daenerys Targaryen wegen ihrer Drachen wie ein Ehrengast behandelt. Sie kommt mit ihrer Gefolgschaft in der Villa von Xaro Xhoan Daxos unter. Doch schon bald merkt sie, dass so manche Freundlichkeit reine Heuchelei ist, ihr in Wahrheit nur wenige wohlgesonnen sind und die Habgier nach ihren Drachen unermesslich groß ist.

Cover

In den letzten drei Rezensionen habe ich bereits genug über den gleichbleibenden Hintergrund und die wenigen Veränderungen im Vordergrund erzählt, deswegen beschränke ich nun meine Beschreibungen auf ein Minimum. Dieses Mal steht das Haus Tully im Fokus. Auf dem Banner steht der Leitspruch „Familie, Pflicht, Ehre“, darüber ist ein grüner runder Helm mit zwei schmalen Augenschlitzen, über denen jeweils zwei Nieten zu erkennen sind. Der grüne Schild ist mit sieben Spitzen versehen, darauf ist ein Fisch mit geöffnetem Maul zu erkennen, dessen Schwanzflosse nach oben gerichtet ist. Das Haus Tully gehört ebenfalls zu den großen Häusern von Westeros.

Kritik

In den vorherigen Bänden gab es ja bereits in den Umschlaginnenseiten vorne und hinten jeweils Karten von Westeros‘ Norden und Süden. In diesem Teil sind auf den Seiten sieben bis neun drei weitere Karten abgebildet, darunter auch eine von Königsmund. Ich bin ohnehin ein absoluter Fan von schönen Karten in Büchern, da waren diese schon ein kleines Highlight zu Beginn.
Mit fast 650 Seiten ist „Die Saat des goldenen Löwen“ rund 100 Seiten dicker als sein Vorgänger. Ansonsten ist alles beim alten: personale Erzähler, die sich in jedem Kapitel abwechseln, Präteritum als Tempus und auch die Protagonisten selbst haben sich nicht verändert. In „Der Thron der sieben Königreiche“ sind dagegen zwei neue hinzugekommen, die Lord Eddard Stark als Erzähler ablösen sollen, die ich nun genauer vorstellen werde.
Theon Graufreud ist der letzte lebende Sohn von Balon Graufreud, dem Herrn der Eiseninseln und Oberhaupt eines Großen Hauses. Während der Graufreud-Rebellion, die Balon verlor, kamen Theons Brüder Rodrik und Maron ums Leben. Er selbst wurde danach als Mündel nach Winterfell gebracht, wo er außerordentlich gut behandelt wurde. Als er Robb in den Krieg gegen Königsmund begleitet, schickt dieser ihn auf die Eiseninseln, seine alte Heimat, um eine Allianz zu verhandeln. Doch schon bald merkt Theon, dass seine Familie ihn nur halb so herzlich begrüßt, wie er es sich erhofft hatte. Das löst in ihm den inneren Konflikt aus, zu welchem Haus er nun wirklich gehört. Viele kennen Theon bereits aus der Serie. Ich kann euch versprechen: Er ist in der Buchreihe genauso unausstehlich. Theon ist arrogant, sexistisch, verzogen, pietätlos und nicht zuletzt herzlich wenig von Intelligenz gesegnet. Seine Gedankengänge lösten in mir teils den puren Fremdscham aus, allerdings muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich bei ihm auch des Öfteren Schadenfreude empfunden habe, wenn er mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurück gezogen wurde. Ganz nüchtern betrachtet ist Theon ein bemitleidenswerter Charakter, der verzweifelt nach seinem persönlichen Zuhause sucht und es doch nicht zu finden scheint. Andererseits frage ich mich, ob er schlichtweg nicht gut genug von den Starks erzogen wurde, weil er nun einmal nicht das leibliche Kind der Adelsfamilie ist und Lord Eddard zu oft Gnade vor Recht walten ließ. Damit wäre Theon übrigens nicht das einzige Beispiel, der sich trotz Neds ehrenvollem Handeln gegen ihn und seine Familie stellt, aber das will ich an dieser Stelle noch nicht zu sehr vertiefen.
Ser Davos Seewert ist auch bekannt als „Der Zwiebelritter“, da er ein Ritter aus kleinbürgerlichen Verhältnissen ist, der Lord Stannis Baratheon dient. Aufgrund seiner Herkunft wird er jedoch von den meisten anderen Rittern geächtet oder gemieden. Früher war er ein Schmuggler. Mit seiner Frau Marya ist er Vater von sieben Söhnen. Er ist loyal, gutherzig, devot, pflichtbewusst, aber auch ungebildet. Davos‘ Perspektive ist vor allem wichtig, da er treuer Begleiter und Beobachter von Stannis ist, der den höchsten Anspruch auf den Eisernen Thron hat. Jedoch sind es bisher verhältnismäßig wenige Kapitel, in denen Davos als Erzähler fungiert.
Nach vier Bänden gibt es nun doch ein paar kleinere Unterschiede, die mir im Vergleich mit der Serie aufgefallen sind. Ein paar werde ich hier aufzählen, manche aber auch erst in den nächsten Rezensionen, um Spoiler zu vermeiden. Als Erstes wäre da eine recht allgemeine Feststellung: Die Bücher sind deutlich farbenfroher als die Serie. So werden die Charaktere insgesamt als deutlich bunter gekleidet beschrieben, beispielsweise Ser Loras Tyrell, der beim Turnier der Hand einen Umhang aus Blumen trägt. Viele Männer aus Essos haben bunte Haare oder Bärte, manchmal sogar Glitzerstaub darin. In der Serie dagegen tragen die meisten dunkle, gedeckte Farben und haben ihre natürliche Haarfarbe. Alles wirkt dort etwas düsterer und ernster, als man es in den Büchern erlebt. Am extremsten ist da Renly, der maximal prunkvoll gekleidet ist und seine persönliche Königsgarde, die regenbogenfarbene Mäntel trägt und von denen je einer eine Farbe des Regenbogens repräsentiert. In der Serie ist dies leider nicht zu sehen. Dagegen ist dort schon ab Staffel eins jemand Anderes zu sehen: Die Prostituierte Rose aus Winterfell. Sie ist anfangs mit Tyrion zu sehen und später auch mit Theon. In den nachfolgenden Staffeln taucht sie durchgehend immer wieder mal auf. In den Büchern hingegen kommt sie nicht vor, denn sie ist überhaupt nicht aus der Feder von Martin, sondern für die Serie hinzu geschrieben worden. Ein weiterer kleiner Unterschied ist die Geschichte von Daenerys‘ Dienerin Doreah. Zuerst einmal, durchquert Dany mit ihrem Gefolge die Rote Wüste. Dabei sterben viele Alte und Schwache vor Durst oder Hunger, darunter auch Doreah. Zumindest ist das die Fassung der Bücher. In der Serie erreicht Dany mit Doreah die Stadt Qarth, wo diese dann Daenerys verrät und mit Xaro Xhoan Daxos im Bett erwischt wird. Am Ende bestraft Dany die beiden, indem sie sie zusammen in einem leeren Safe einsperrt. Nun, tot ist Doreah am Ende in beiden Versionen, aber ansonsten haben sie nicht viel gemeinsam.
Das Ende ist dieses Mal, da es die zweite Hälfte vom originalen Teil zwei ist, wieder ein „richtiges“ Ende. Die letzten Erzählstränge gehören Jon und Bran. Zum Schluss kommt es zu einer großen Schlacht, die über nichts Geringeres als den Eisernen Thron entscheidet. Die Karten werden neu gemischt und ich freue mich schon auf Band fünf.

Fazit

Martin ist einer der wenigen Autoren, dem es gelingt über tausende Seiten ein konstant hohes Niveau zu halten, welches Richtung Ende eines Originalbandes noch einmal an Spannung zunimmt. Zwar gibt es Erzählstränge, die ich lieber verfolge als andere, so kann ich Catelyn und Theon beispielsweise herzlich wenig abgewinnen, aber ansonsten bleibt es schlicht ein sehr guter Band einer sehr guten High Fantasy-Saga. Deswegen erhält „Die Saat des goldenen Löwen“ von mir vier von fünf Federn. Natürlich werde ich spätestens morgen mit der Fortsetzung „Sturm der Schwerter“ beginnen.