Das Reich der sieben Höfe – Flammen und Finsternis

21. Oktober 2025 0 Von lara

Die Schöne und das Biest mit Spice

Meine Oktober-Rezension 2025


Zwar konnte mich der erste Band von Das Reich der sieben Höfe nicht wirklich überzeugen, da mir einige von euch aber geschrieben haben, dass die Romantasy-Reihe erst ab dem zweiten Band so richtig gut wird, wollte ich noch nicht aufgeben. „Flammen und Finsternis“ erschien 2017 und eröffnet neue Handlungsorte sowie Figuren, die endlich einen besseren Überblick über den magischen Kontinent Prythian bieten. Die Geschichte ist dabei ein wenig wie Die Schöne und das Biest, nur mit Spice. Sarah J. Maas konnte mit der bislang fünfteiligen Saga, die in insgesamt 38 Sprachen übersetzt wurde, einen Welterfolg feiern. Kein Wunder also, dass sie nun einen sechsten Band angekündigt hat, wobei bislang noch kein Erscheinungsdatum dafür bekannt gegeben wurde.

Inhalt

Die 19-jährige Feyre Archeron hat die Gefangenschaft unter dem Berg knapp überlebt und kehrt nun als High Fae an den Frühlingshof mit ihrem Verlobten Tamlin zurück. Dort wird sie von Albträumen geplagt und kann die schrecklichen Ereignisse, die sie unter Amarantha erlitten hat, nur schwer verarbeiten. Tamlin ist ihr dabei auch keine große Stütze, denn er wirkt plötzlich besitzergreifend, distanziert und geheimniskrämerisch. Während er häufig vom Hof abwesend ist, laufen die Hochzeitsvorbereitungen unter Hohepriesterin Ianthe im vollen Gange. Am Hochzeitstag, gerade als Feyre erste Zweifel an der Eheschließung kommen, taucht plötzlich ein ganz anderes Problem auf: Rhysand, High Lord des Hofes der Nacht, platzt in die Zeremonie und fordert umgehend das Versprechen ein, das sie ihm unter dem Berg gegeben hat. Feyre soll von nun an jeden Monat eine Woche lang an seinem Hof leben.

Cover

Wie schon beim ersten Band ist wieder die junge Frau im Zentrum des Covers abgebildet. Dieses Mal trägt sie ein langes, goldenes Kleid, das viele Falten wirft und irgendwie preiswert aussieht. In der rechten Hand hält sie einen Bogen und in der linken einen Pfeil, ähnlich wie beim Vorgänger. Schnell wird klar, dass dies erneut Feyre sein soll. Ihre schulterlangen Haare fallen über ihre Ohren, sodass man nicht erkennen kann, ob sie nun spitze Fae-Ohren hat, aber sie wirkt mit ihrem wachsamen Blick sehr kämpferisch. Im Hintergrund ist ein nebliger, grauer Himmel, über den kahle Astsilhouetten ragen. Im Vordergrund flattern orangegoldene Monarchfalter, die einen leichten Kontrast zum tristen Hintergrund bilden. Insgesamt ist das Cover zwar elegant und magisch, mir gefällt das des Vorgängers allerdings deutlich besser.

Kritik

„Vielleicht war diese Dunkelheit, diese Zerbrochenheit, schon immer ein Teil von mir gewesen.“, ist der erste Satz des Prologs. Wieder erzählt Feyre die Geschichte aus der Ich-Perspektive im Präteritum. In den Vordergrund der Erzählung wird umgehend das Trauma und der seelische Schmerz gerückt, unter denen Feyre leidet. Und noch etwas ist mir als Germanistin direkt ins Auge gesprungen, denn das Wort „Zerbrochenheit“ gibt es so nicht. Gemeint ist wohl eher „Gebrochenheit“, was so viel wie „tief getroffen, völlig bedrückt, des Lebensmutes beraubt“ (Duden) bedeutet. Zugegeben, der Fehler liegt hier bei der deutschen Übersetzung und nicht bei Sarah J. Maas, aber mit dieser rhetorischen Klatsche begrüßt zu werden, unterstreicht doch irgendwie den mäßigen Eindruck, den die Reihe bisher bei mir hinterlassen hat. Mit über 700 Seiten und 69 Kapiteln plus Prolog ist „Flammen und Finsternis“ erheblich länger als der erste Band und schnell habe ich mich gefragt, ob ich nicht bereuen werde, diese Reihe nicht abgebrochen zu haben.

Feyres Verlobter ist der High Lord des Frühlingshofes Tamlin. Als High Fae kann er übermenschlich alt werden, so ist er bereits 507 Jahre alt (riesige age gap!), sieht aber eher aus wie Ende 20. Er wird als extrem gutaussehend und muskulös beschrieben und hat goldene Haare sowie smaragdgrüne Augen. Außerdem kann er seine Gestalt in ein Biest verwandeln, das einer Mischung aus Bär und Elch ähneln soll. Tamlin ist überirdisch stark, hat aber kein Interesse daran, Menschen zu schaden oder zu verletzen. Allerdings ist er aufbrausend und wird aufgrund der Grausamkeiten unter dem Berg extrem paranoid. Er sorgt sich so sehr um Feyre, dass er sie nur noch mit Wachen nach draußen lässt. Vielleicht ist es aber auch seine Angst davor, dass Rhysand plötzlich auftaucht und Feyre an seinen Hof entführt. Für mich ist Tamlin vor allem eines: eine wandelnde Red Flag. Er will Feyre in einem goldenen Käfig einsperren, redet nicht mit ihr über die sie belastenden Gefühle und spricht auch nicht mit ihr über politische oder militärische Belange, als würde er ihr nicht vertrauen. Dass Tamlin Feyre nicht gut tut, sieht ein Blinder mit Krückstock. Aber laut Feyre ist der Sex mit ihm gut. Na, dann kann man ja geflissentlich darüber hinwegsehen, dass er in seinen Wutanfällen ganze Zimmer zerlegt. Ohne Worte!

Viele Fans von Maas lieben ihren Schreibstil, doch ich muss ehrlich gesagt gestehen, dass ich ihn wirklich nur mittelmäßig finde. Die Autorin arbeitet mit einer bildhaften, oft sehr ausgeschmückten Sprache, die irgendwann zu überladen erscheint. Häufig werden Edelsteine, Perlen oder Gold aufgezählt, um den Prunk der Höfe und Kleider zu beschreiben, wobei sie zu Wiederholungen oder Adjektivanhäufungen neigt. Dialoge wirken oft pathetisch und man erwischt sich mit dem Gedanken, dass niemand wirklich so theatralisch und gekünstelt reden würde. Auch Kontinuitätsfehler sind mir teilweise aufgefallen. So erzählt Feyre bei der Begegnung mit Azriel bspw.: „er streckte mir eine von dicken Narben verunstaltete Hand entgegen“ (S. 186), nur um wenige Zeilen später zu erwähnen: „Lederne Panzerplättchen bedeckten fast die ganze Hand“ (S. 186). Als Feyre Azriels Hand schüttelt, trägt er also „fingerlose Handschuh[e]“ (S. 186), dennoch spürt sie angeblich die Kälte seiner Haut. Das macht von vorne bis hinten gar keinen Sinn. Wie konnte sie die Narben auf seiner Hand sehen, wenn er doch Lederhandschuhe trägt? Maas gelingt es zwar, eine opulente, sinnliche Welt zu gestalten, doch die Atmosphäre ist stark auf Romantik, Dramatik und Erotik reduziert. Wer subtilere Zwischentöne oder eine differenzierte Darstellung der Fantasy-Welt sucht, wird enttäuscht. Die Figurendynamik steht klar im Vordergrund eines Bühnenbildes, das sich künstlich aufbläst, anstatt sich organisch zu entwickeln. Besonders den Antagonisten fehlt es bisher an Tiefe: sie sind böse, weil es für eine Heldengeschichte nun mal einen Bösewicht braucht und nicht, weil sie eine nachvollziehbare Vorgeschichte haben.

Bereits im ersten Band hatte ich mit Feyre so meine Probleme und leider ist es mir mit der Fortsetzung nicht besser ergangen. Ja, sie hat schreckliche Dinge erlebt und ich werfe ihr ihre Alpträume nicht vor. Allerdings suhlt sie sich täglich so tief im Selbstmitleid wie ein Schwein im Dreck. Dabei sollten wir auch nicht vergessen, dass sie vor allem deswegen leidet, weil sie unter dem Berg zwei unschuldige High Fae getötet hat, deren Ermordung absolut vermeidbar war. Hätte Feyre sich geweigert oder hätte sie Amaranthas kinderleichtes Rätsel nur ein paar Minuten früher gelöst, hätten die Fae nicht sterben müssen. Insofern ist Feyres Selbstgeißelung also durchaus gerechtfertigt. Neulich habe ich auch in einem Buchportal gelesen, Feyre sei eine starke Protagonistin. Darüber kann man nur die Augen verdrehen, denn abgesehen von ihren neu gewonnenen übernatürlichen Fähigkeiten, besitzt sie keine innere Stärke. Sie wird wie ein Tennisball zwischen Tamlin und Rhysand hin- und hergespielt, wobei sie kaum passiver sein könnte. Zu Rhysand ist sie unnötig bissig, während sie bei Tamlin zum treudoofen Hund mutiert, der gedankenverloren alles ausplaudert, was Rhys ihr im Vertrauen gesagt hat. Auf dem Frühlingshof wird sie in ein Hochzeitskleid gestopft, das ihr nicht gefällt, und nicht einmal da merkt sie, dass sie vielleicht mal ihren Mund aufmachen sollte. Aber wenn Rhysand ihr Lesen beibringen möchte, zeigt sie plötzlich doch ihre widerspenstige Seite. Sie ist trotzig, wo es unangebracht ist und schweigt, wo Widerspruch wichtig wäre. Dieses inkonsequente Verhalten macht Feyre so unfassbar nervig. Statt Eigeninitiative zu zeigen, lässt sie sich von ihrer Umgebung formen wie Knete und kann sich nur glücklich schätzen, dass sie mit Rhysand an jemanden geraten ist, der sie unterstützt und fördert. Sie bleibt dennoch eine weibliche Protagonistin, deren Wachstum auf einen Mann zurückzuführen ist. Daran ist nichts emanzipiert! Kein Wunder, dass sie bei manchen Lesern an Sympathie eingebüßt hat und ihre Geduld strapaziert.

Zum Ende hin wird’s aber sowohl spannend als auch spicy. Es ist definitiv mehr Spice als im ersten Band, für mich ist die Menge aber noch okay. Ich bin absolut kein Fan davon, wenn jedes zweite Kapitel aus einer Sexszene besteht, deswegen hoffe ich, dass sich die Reihe nicht in diese Richtung entwickelt. Auch wenn das Finale zum Teil vorhersehbar ist, konnte es mich fesseln und die letzten 100 Seiten habe ich förmlich inhaliert. Meine Meinung zu dieser Reihe mag gespalten sein, aber sie schafft es immerhin gerade noch so, mich bei der Stange zu halten.

Fazit

Es gibt Vieles, was mir an „Flammen und Finsternis“ nicht gefallen hat. Die männlichen Figuren benehmen sich wie aufgeblasene Platzhirsche, die sich regelmäßig animalisch anknurren (ganz besonders Tamlin). Der Schreibstil ist stark überladen und neigt zu Redundanzen, dazu sind die Dialoge wahnsinnig theatralisch. Feyre empfinde ich als nervige Protagonistin und obendrein ist sie echt nicht die hellste Kerze auf der Torte. Allein, dass ich für dieses Buch zwei Monate gebraucht habe, zeigt dessen inhaltlichen und sprachlichen Schwächen. Dennoch gibt es immer wieder auch unterhaltsame Momente, allen voran das Finale. Gerade die letzten 100 Seiten haben Tempo und Intensität, weshalb ich mich doch dazu entschieden habe, die Reihe mit dem dritten Band „Sterne und Schwerter“ fortzusetzen. Insgesamt kommt der zweite Band von Das Reich der sieben Höfe von Sarah J. Maas auf zwei von fünf Federn.