Silber – Das dritte Buch der Träume
Einfach nur Träumen
Meine Januar-Rezension 2021
Eigentlich wollte ich die „Silber-Trilogie“ von Kerstin Gier schon im Dezember beenden, aber die Weihnachtszeit war leider noch stressiger als erwartet, weshalb ich erst jetzt mit dem letzten Band der Jugendbuchreihe abschließen konnte. Für 2021 habe ich mir wieder viel neuen Lesestoff vorgenommen. Viele Jugendbuchreihen, Fantasy und ein paar Liebesromane, aber auch ein Sachbuch warten nur darauf von mir gelesen zu werden. Um endgültig einen Haken an 2020 zu machen, fehlt also nur noch diese Rezension zu „Silber – Das dritte Buch der Träume“ aus dem Jahr 2015. Da ich aber die Sonderausgabe aus dem Schuber habe, ist in meinem Buch noch das Zusatzkapitel „Die Hochzeit“ enthalten, das Kerstin Gier 2016 nachträglich veröffentlichte.
Inhalt
Für die 16-jährige Olivia Silber, kurz Liv, wird das Leben nicht einfacher. Ihre Mutter hat sich mit Ernest verlobt, sehr zum Missfallen von Ernests Mutter Philippa, und die Hochzeitsplanung läuft in vollen Zügen. Liv hat sich von Henry getrennt und sich danach mit ihm versöhnt, aber ein Paar sind die beiden nicht mehr, vor allem weil der Vorfall mit der Lebensgefährtin von Ron Harper, Henrys Vater, noch nicht geklärt ist. Außerdem soll das Kindermädchen Lottie im kommenden Sommer die Familie verlassen, weil Liv und ihre Schwester Mia zu alt für ein Kindermädchen sind. Für Liv ist die Familie ohne Lottie aber unvollständig. Zudem ist immer noch nicht geklärt, wer hinter Secrecy und dem Tittle-Tattle-Blog steckt. Doch das größte Problem von allen bleibt Arthur, der Rache an Liv schwört, nachdem es ihr, Henry und Grayson gelungen ist, Mia vor seinen Manipulationen zu schützen. Unerwartet bietet Anabel Scott im Kampf gegen Arthur ihre Hilfe an, jedoch weiß niemand, wie vertrauenswürdig sie wirklich ist.
Cover
Aufgrund der vielen Details beschränke ich mich bei der Beschreibung nur auf das gängige Cover und lasse die Sonderausgabe weg. Der Hintergrund ist, in Anlehnung an den Titel der Trilogie silbern. Feine weiße Linien zeigen darüber ein Auge und weitere Linien sind von dort aus radial angeordnet. Außerdem erkennt man im unteren Bereich einen Fisch und viele Fischschuppen. Neben Silber sind Schwarz, Weiß und Rot die dominanten Farben. Die Ecken sind mit schwarzweißen Blättern und Blüten verziert, auf deren Zweige kleine rote Vögel sitzen. Im Fokus steht aber die schwarzrot gestreifte Eidechse, die mit ihren türkisfarbenem Auge einen farblichen Kontrast zum Rest des Covers setzt. Umhüllt wird sie von einzelnen schwebenden roten und schwarzen Federn. Außerdem gibt es noch viele weitere Details wie kleine Schlüssel. Ich kann immer nur betonen, wie sehr mir die Cover von Giers Jugendbüchern gefallen, allerdings finde ich dieses nicht so herausragend wie die anderen.
Kritik
Noch vor dem Prolog findet sich ein Zitat von Edgar Allan Poe, einem US-amerikanischen Schriftsteller aus dem 19. Jahrhundert, der besonders für seine Horror- und Schauerliteratur bekannt ist: „All that we see or seem is but a dream within a dream.“, zu Deutsch etwa „Alles, das wir sehen oder scheinen, ist bloß ein Traum innerhalb eines Traumes.“. Auch über den Wahrheitsgehalt dieses Zitats lässt sich, wie schon beim Vorgänger, gewiss streiten.
„‚Lassen Sie uns über Ihre Dämonen reden.’“, ist der erste Satz des Prologs. Dieser Satz klingt stark nach einem psychotherapeutischen Gespräch, denn das ist es auch. Aus der personalen Perspektive berichtet der Psychiater Dr. Otto Anderson vom Dialog mit seiner Patientin Anabel Scott, die vor ihrem Abschluss Schülerin an der Frognal Academy war, Livs aktueller Schule in London. Schnell wird klar, dass Anabel eigentlich diejenige ist, die das Gespräch kontrolliert und ihre Therapie nicht von Erfolg gekrönt ist.
Mit annähernd 500 Seiten ist der letzte Band der Trilogie auch der längste. Der Plot setzt im März 2015 ein, wenige Wochen nach dem Ende des Vorgängers. Das Urban Fantasy-Buch besteht aus einem Prolog, 25 Kapiteln, einem Epilog und dem bereits genannten Bonuskapitel. Sieben der Kapitel enden außerdem mit einem Post des Tittle-Tattle-Blogs. Abgesehen vom Prolog und dem Bonuskapitel wird die Geschichte weiterhin von Liv aus der Ich-Perspektive im Präteritum erzählt. Zwischenzeitlich habe ich auch das ungekürzte Hörbuch, gelesen von Simona Pahl, gehört. Pahl gelingen die Betonungen sehr gut und sie schafft es, den für die Reihe typischen Humor ausgezeichnet zu transportieren, deswegen kann ich besonders bei dieser Reihe die Hörbücher weiterempfehlen.
Einer der wichtigsten Charaktere in dieser Trilogie ist Henry Harper, Livs mehr oder weniger fester Freund. Er ist 17 Jahre alt, hat graue Augen und blonde, verstrubbelte Haare. Er ist recht groß, blass und wird als gutaussehender junger Mann beschrieben. Liv begegnet ihm schon zufällig ganz zu Beginn der Reihe, da sie beide im selben Flugzeug nach London sitzen und Liv beim Zoll ungewollt die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Henry lebt mit seinem jüngeren Bruder Milo und seiner jüngeren Schwester Amy zusammen bei seiner Mutter. Seine Eltern sind geschieden und sein Vater hat schon lange wieder eine neue Lebensgefährtin. Henrys Mutter, der in der gesamten Trilogie interessanterweise kein einziges Mal ein Name gegeben wird, ist schwer alkoholkrank und lässt ihre emotionalen Ausbrüche regelmäßig an ihren Kindern aus. Henry ist ein zurückhaltender, aber kluger Junge, der sich genau wie Liv und Mia für Rätsel begeistern kann und dabei nicht locker lässt, bis er die Lösung gefunden hat. Er wirkt stets geheimnisvoll und spricht nicht gerne über seine Gefühle, was in der Beziehung mit Liv zu Problemen führt. Dennoch ist die Liebe zwischen den beiden spürbar, sodass die Chance auf Versöhnung durchaus besteht.
Wie schon in der Rezension über den ersten Band erwähnt, gibt es die Homepage des Tittle-Tattle-Blogs wirklich und enthält weitaus mehr Einträge als in den Büchern abgedruckt sind. Für den letzten Band hat sich der Verlag noch einmal einen besonderen Marketing-Gag überlegt. Auf www.silber-finale.de konnte man die Traumtüren vieler Charaktere besuchen, seine eigene Traumtür erstellen und viele weitere Details entdecken. Leider ist diese Homepage inzwischen nicht mehr online, man wird lediglich auf die Seite des Verlags weitergeleitet. In einem Internetforum habe ich aber herausgefunden, dass die Homepage noch bis Mitte 2020 online war, also erst seit Kurzem vom Netz genommen wurde.
Der Schreibstil ist wie gewohnt locker, humorvoll und einfach. Interjektionen wie „Ähm“, „Ööh“ oder „Hmm“ kommen auffällig oft vor, und damit meine ich leider negativ auffällig. Auch die vorkommenden Anglizismen sind mir persönlich ein Dorn im Auge, oder wie Gier formulieren würde: „too much“. Dennoch gelingt es ihr auch ruhigen und unaufgeregten Szenen eine angenehme Atmosphäre zu verleihen, was aber nicht ganz darüber hinweg täuschen kann, dass der Plot im Mittelteil schwächelt und erstmals verhältnismäßig wenig passiert. Zudem ist mir ein kleiner Fehler aufgefallen. Im vierten Kapitel spricht Grayson mit Liv über Dr. Otto Anderson, der in seinen Träumen gefangen ist und nicht mehr erwachen kann. Deswegen liegt er in einem Pflegeheim und wird durch eine PEG ernährt. Grayson dechiffriert PEG als „‚perkutane, endoskopische Gastrotomie’“. Aber erstens weiß ich nicht, warum da ein Komma steht und zweitens heißt es Gastrostomie, da es sich vom Griechischen „Gaster“ für Magen und „Stoma“ für Öffnung ableitet. Also wenn schon Klugscheißen, dann bitte richtig.
Besonders ausschlaggebend beim letzten Band einer Reihe ist natürlich das Ende. Insgesamt ist das Finale grundsolide, aber auch nichts Außergewöhnliches, was länger im Gedächtnis verbleiben wird. Es wird aufgeklärt, wer Secrecy ist, was mich nur teilweise verwundern konnte, da ich nach einem eindeutigen Hinweis von Mia in „Silber – Das zweite Buch der Träume“ schon geahnt habe, worauf die Enthüllung hinausläuft. Der Epilog ist sehr kurz, das Wesentliche wird abgestottert, aber ein wirklich runder Abschluss der Geschichte ist es leider nicht. Das Bonuskapitel aus der Sicht von Mia hat mir dagegen gut gefallen. Es ist allerdings nur in den Sonderausgaben enthalten. Wer es dennoch lesen möchte, kann es sich digital kaufen. Ob es sich allerdings lohnt für ein einziges Kapitel Geld auszugeben, muss man selber wissen. Ich persönlich hätte es nicht getan.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Silber – Das dritte Buch der Träume“ ein guter Abschluss der Jugendbuch-Trilogie ist. Der Schreibstil ist bekannt leicht, witzig und verspielt, zu viele Interjektionen sowie Anglizismen trüben das Bild jedoch leicht. Ein Sachfehler, ein inhaltsarmer Mittelteil und ein eher mäßiges Ende sorgen letztendlich dafür, dass der letzte Band der „Silber-Reihe“ nicht so punkten kann wie die beiden Vorgänger. Deswegen gebe ich diesem Urban Fantasy-Roman von Kerstin Gier aus dem Jahr 2015 drei von fünf Federn. Ihr aktuelles Jugendbuch „Wolkenschloss“ liegt schon auf meinem Stapel ungelesener Bücher und wird wahrscheinlich nächstes Jahr von mir gelesen.